Wenn Geduld gefragt ist

«Sollen wir gehen und es ausreissen? Nein, lasst beides wachsen bis zur Ernte.»

(Mt 13, 28b.30a)

Das Gleichnis vom Unkraut und Weizen berichtet uns vom Gespräch eines Gutsherrn mit seinen Knechten. Diese haben in seinem Weizenfeld eine grosse Menge an Unkraut entdeckt, das sie ausjäten gehen wollen. Wer schon einmal selber einen Garten bepflanzt hat, findet volles Verständnis für die Frage der Knechte. Unkraut kann man nicht stehen lassen, sondern muss ihm zu Leibe rücken für eine möglichst gute Ernte am Schluss. Umso mehr fällt die Antwort des Gutsherrn auf, mit der Bitte an die Knechte, das Unkraut stehen zu lassen, damit nicht etwa mit dem Ausreissen des Unkrautes auch der Weizen Schaden nimmt.

Wie für Gleichnisse üblich, wird so zu einem tiefer gehenden Verständnis angeregt, wobei das Geschilderte für die Situation der Zuhörer und Zuhörerinnen Jesu, aber auch von uns heute, transparent wird. Aus der Ermahnung, das Unkraut stehen zu lassen, wird eine Warnung, allzu schnell gegen das oder die Bösen vorzugehen, die uns das Leben oder das Glaubensleben schwer zu machen scheinen.

Es steht uns in solchen Momenten nicht zu, selbst Gott zu spielen und in endgültigem Sinn über Gut oder Böse zu richten. Stattdessen sind wir herausgefordert, uns selber und unsere eigenen Urteile Gott und seinem Gericht zu unterstellen. Denn grundsätzlich befinden wir uns in keiner anderen Lage als die Menschen um uns herum. Dies gibt uns aber andererseits auch keinen Freipass zur Gleichgültigkeit, denn als Christen und Christinnen haben wir eine Berufung: Nämlich Weizen und nicht Unkraut zu sein.