150 Jahre christkatholische Kirchenmusik – Ein lebendiges Erbe
Die 31. christkatholischen Chortage 2023 in Basel.
An den XXXI. Christkatholischen Chortagen in der Predigerkirche Basel am 6. und 7. Mai 2023 konnte man Kirchenmusik von den 1870er Jahren bis zur Gegenwart erleben. Dafür sorgten die christkatholischen Kirchenchöre der Schweiz, der Bistumschor voces laudis und die Elisabethenkantorei Zürich mit ihren Dirigentinnen und Dirigenten, ein Streicherensemble sowie Professor Jörg-Andreas Bötticher an der Orgel. Die Chortage finden alle fünf Jahre statt.
Deutscher Messetext und Auftragskompositionen
Zwei Vertonungen des deutschen Messetextes bildeten den Rahmen des eineinhalbstündigen Konzertes am Samstagnachmittag. Dies aus gutem Grund: Fast von Anfang an war es das Anliegen der Christkatholischen Kirche, die klassischen Texte der Messfeier nicht auf Latein zu singen, wie von der römisch-katholischen Kirche vorgeschrieben, sondern in der Volkssprache.
Zu Beginn des Konzertes erklang die deutsche Messe op. 91, 1962 komponiert vom christkatholischen Rheinfelder Chordirigenten Immanuel Johannes Kammerer (1896–1964). Unter der Leitung von Beatrice Voellmy wurde sie von der Chorgruppe Nord gesungen, d. h. den Kirchenchören von Allschwil, Magden, Möhlin und Obermumpf sowie dem Projektchor der christkatholischen Kirchgemeinde Basel.
Den Abschluss des Konzertes bildete die Uraufführung der «Missa brevis spes pacis» des Zürcher Komponisten Cyrill Schürch (1974), gesungen vom Gesamtchor unter der Leitung von Andreas Meier. Diese Messe für Chor, Streicher und Orgel ist als Auftragswerk des Verbandes Christkatholischer Kirchenchöre der Schweiz für die XXXI. Chortage entstanden. Beide Werke und ihre Wiedergabe fanden Anklang beim Konzertpublikum. Nun hätte man weitere deutsche oder französische Messkompositionen aus der christkatholischen kirchenmusikalischen Tradition aneinanderreihen können. Für die Zuhörerschaft wäre es aber recht eintönig geworden, wäre nur «Herr, erbarme dich», «Ehre sei Gott in der Höhe», «Ich glaube an den einen Gott», «Heilig, heilig, heilig» und «Lamm Gottes» gesungen worden. Stattdessen erklangen im Folgenden andere Werke, die in der bzw. für die christkatholische Kirchenmusik entstanden sind.
Nach der Kammerer-Messe sang die Chorgruppe Nord unter der Leitung von Hanna Järveläinen die Vertonung von Textmeditationen über das «Vater unser» op. 24 des Christkatholiken Christoph Schnyder (1826–1909). Diese sind 1898 in Luzern das erste Mal zu hören gewesen. Auf dem Podium folgte die Chorgruppe Süd, bestehend aus den Kirchenchören von Bern, Schönenwerd-Niedergösgen, St. Gallen und Zürich. Diese führte zuerst das älteste Werk des Konzertprogramms auf, Gustav Bergmanns (1837–1892) sechs Motetten op. 27, die kurz nach 1874 entstanden sind. Es folgte der Begräbnisgesang «Ruhn in Frieden lass die Seelen» von Werner Burger, der von 1931 bis 1938 den christkatholischen Kirchenchor Zürich geleitet und in dieser Zeit das Werk komponiert hat. Beide Werke wurden von Roman Stahl dirigiert.
Chorwerke aus verschiedenen Jahrhunderten
Für die nächsten beiden Werke des Konzertprogramms wechselte die Chorleitung von Roman Stahl zu Aurore Baal. Sie dirigierte zuerst die Vertonung des «Cantique Spirituel» auf einen französischen Text von Jean Racine. Darin denkt der Dichter, angeregt durch eine Passage aus dem Römerbrief, über den Widerstreit zwischen Gut und Böse im Menschenherz nach, den letztlich nur Gottes Gnade überwinden kann. Die Vertonung wurde 1957 vom christkatholischen Genfer Musiker Georges Pucher (1923–2003) komponiert. Damit erhielt im Konzert auch ein Werk der französischsprachigen christkatholischen Kirchenmusik ihren Platz. Es folgten vier kurze Chorwerke der Berner christkatholischen Musikerin Helene Ringgenberg (1949), der Vorgängerin von Aurore Baal als Leiterin des Berner christkatholischen Kirchenchors: «Jubilate», «Ihr seid das Salz der Erde», «Ruhm und Preis und Ehre sei dir», «Jubilate». Diese Chorwerke sind zwischen 1992 und 2002 entstanden und führten das Publikum aus dem 20. ins 21. Jahrhundert.
Vielseitige Gemeindelieder
Die letzte halbe Stunde des Konzerts gehörte dem Gesamtchor, zu dem sich noch der christkatholische Bistumschor voces laudis und die Elisabethenkantorei Zürich gesellten. Nun übernahm Andreas Meier aus Zürich die Leitung. Als Uraufführung erklangen zwei Auftragskompositionen des Chorverbandes auf Texte von Jacqueline Keune in der Fassung für Chor und Orgel des Luzerner christkatholischen Komponisten Engelbert Glaser. Mit der Zustimmung und Unterstützung des Synodalrats der Christkatholischen Kirche der Schweiz gehen die beiden Gemeindelieder «Wenn wir durchs Wasser schreiten» und «Geht, und lobt ihn mit aufgeräumten Seelen!» als Nummer 940 und 941 in den Schatz des Christkatholischen Gebet- und Gesangbuchs (CG) ein. Sie können sowohl als Chorwerke als auch als einstimmige Gemeindelieder mit Begleitung der Orgel, des Klaviers oder der Gitarre gesungen werden.
Auch das vorletzte Werk des Konzertes, «Gott ist mein Hirt», liegt als Chorfassung und als einstimmiges Gemeindelied vor, siehe CG Nummer 774. Die Vertonung des Psalms 23 wurde vom christkatholischen Komponisten Adolf Thürlings (1844–1915) im Jahr 1892 geschrieben und im Konzert in der Chorfassung aufgeführt. Die Uraufführung der Messe von Cyrill Schürch bildete den Abschluss des Programms. Das Publikum gab reichlich Applaus.
Festgottesdienst
Im Festgottesdienst am 7. Mai, dem Bischof Harald Rein vorstand, begleitete der Gesamtchor die Messliturgie mit der «Missa brevis spes pacis» von Cyrill Schürch. Und es erklangen auch die beiden neuen Gemeindelieder, nun in der einstimmigen Fassung mit Orgelbegleitung. Als «Vater unser» brachte der Chor die Fassung aus der «Eucharistia» zu Gehör. Sie basiert auf einer karpato-russischen Melodie und repräsentiert die Nähe der Christkatholischen Kirche zur christlichen Orthodoxie.
Der Bischof betonte in seiner Predigt, wie wichtig die Freude in der Gemeinschaft der Christgläubigen ist, und dass gerade das gemeinsame Singen im Chor für die Singenden und für die Zuhörenden gleichermassen eine Quelle der Freude ist. Genau dies haben alle Beteiligten an den XXXI. Christkatholischen Chortagen erleben dürfen!
Delegiertenversammlung
Den Auftakt der Chortage machte die jährliche Delegiertenversammlung am Samstagmorgen. Klaus Wloemer, Präsident des Chorverbands, führte zügig durch die Traktanden. Beim vergnüglichen Abendanlass nach dem Konzert waren zahlreiche Gäste anwesend: Bischof Harald Rein, Frau Manuela Petraglio, Präsidentin des Synodalrats der Komponist der Uraufführung Cyrill Schürch, sowie die Vertreter des lokalen OKs Ernesto Otter und Christian Bernet. Klaus Wloemer führte durch den Abend und seine Jazzband (Klavier, Bass, Schlagzeug, Querflöte) gestaltete mit fetzigen Klängen die Pausen zwischen den Gängen, was mit grossem Applaus bedacht wurde. Manuela Petraglio überbrachte die Grussworte des Synodalrats und des Bischofs, gratulierte den Sängerinnen und Sängern zum schönen Konzert und dankte den Chören für ihr Engagement in den Kirchgemeinden. Sie ermutigte die Frauen und Männer aus den Kirchenchören, ihr schönes, menschenverbindendes und gesundes Wirken mit viel Elan weiterzuführen.
Ehrung Chormitgliedschaften
Langjährige Chormitgliedschaften wurden von Beatrice Waldmeier, Vorstandsmitglied des Chorverbands, geehrt. 30, 40 und 50 Jahre als Chormitglied wurden verdankt, sogar Engagements von 60, 70 und unglaublichen 75 Jahren als Chormitglied konnten verdankt werden. Alle Gratulanten, im Folgenden aufgeführt, nahmen eine Auswahl regionaler Spezialitäten entgegen.
30 Jahre: Katja Flückiger, Bern; Daniel Burri, Zürich; Elisabeth Burri, Zürich; Ida Reinau, Magden; Ruth Urben, Magden; Elsbeth Weidmann, Möhlin; Ruth Mahrer, Möhlin; René Tamsel, Zürich. 40 Jahre: Urs Urben, Zürich; Christine Schenker, Schönenwerd-Niedergösgen; Yvonne Hasler, Obermumpf; Christian Kirchmeier, Magden; Vreni Herzog, Möhlin. 50 Jahre: Pia Dietwiler, Obermumpf; Armin Stocker, Obermumpf. 60 Jahre: Hansruedi Müller, Obermumpf. 70 Jahre: Heidi Hodel, Schönenwerd-Niedergösgen. 75 Jahre: Elsa Metzer, Möhlin; Heidi Schneider, Möhlin.
Gemeinschaftlicher Ausklang
Nach dem Festgottesdienst bot sich nochmals die Gelegenheit zum gemeinsamen Essen, Reden und Lachen. Die Bande zwischen den christkatholischen Chören konnten erneuert und bekräftigt werden. Zum Abschluss der Chortage fand eine Führung durch die interessante Geschichte des Basler Münsters statt.
Klaus Wloemer dankte Ernesto Otter und Christian Bernet vom lokalen OK in Basel sowie dem Vorstand des Chorverbands mit einem Geschenk für die grosse Vorbereitungsarbeit, und der Kirchgemeinde Basel Stadt für das Gastrecht in der Predigerkirche.
Die finanzielle Durchführung der Chortage war nur möglich dank zahlreicher Sponsoren. Viele christkatholische Kirchgemeinden, Frauen- und Männervereine, Stiftungen und ein Chor konnten als Sponsoren für das Konzert, die Uraufführungen und das Rahmenprogramm gewonnen werden. An dieser Stelle sei nochmals allen Sponsoren herzlich gedankt.
Klaus Wloemer
und René Tamsel

Bestellung Liedblätter
«Neue Gemeindelieder» (CG 940 und 941)
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Die Liedblätter werden ab Ende Mai 2023 kostenlos abgegeben.