Busse
Das Sakrament der Busse
Mit einem unmissverständlichen Appell zur Umkehr beginnt Jesus sein öffentliches Wirken: „Die Zeit ist gekommen, das Reich Gottes ist nahe. Tut Busse und glaubt an das Evangelium“. (Markus 1,15). Und bei der Beauftragung der Jünger durch den auferstandenen Christus heisst es: „Empfangt den Heiligen Geist. Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Johannes 20,22b-23). Oft sagen Menschen: Ich bin ein anständiger Mensch. Lebe redlich. Habe keine anderen Menschen erschlagen. Niemanden betrogen. Eine Bussfeier oder eine Beichte mit Lossprechung von meinen Sünden brauche ich nicht. Das hat die Kirche nur erfunden, um den Leuten ein schlechtes Gewissen einzureden und sie zu kontrollieren.
Dieses heutige mangelnde Bewusstsein für die Praxis der allgemeinen Bussfeier zu Beginn des Gottesdienstes und der Möglichkeit zum persönlichen Beichtgespräch hat primär damit zu tun, dass der Sinn heute nicht mehr gesehen und verstanden wird. Das Sakrament der Busse soll eine Hilfestellung sein für neue Anfänge im Leben und eine Art Stoppschild, um die eigene Biographie zu gestalten.
Mit „Sünde“ ist schlicht gemeint, dass Menschen den grossen Idealen immer hinterher hinken und dadurch bewusst und unbewusst andere Menschen verletzen. Durch Sünden kommen andere Menschen und vielleicht auch die Verursacher selbst zu Schaden. Der entscheidende Aspekt liegt dabei auf der Umkehr: es besser und anders zu machen. Das Nichtverstehen hat vor allem mit der komplexen Geschichte des Busssakramentes und vielen damit zusammenhängenden Missverständnissen und Missbräuchen zu tun. In der frühen Kirche gab es zwei verschiedene Traditionen:
- Die Christinnen und Christen erwarteten die unmittelbare Wiederkunft Christi (Parusie-Erwartung) und damit das Ende der Welt – verbunden mit dem Jüngsten Gericht – noch zu ihren Lebzeiten. Daher war es ihnen nach der Aufnahme in die Kirche nur ein einziges Mal gestattet, die Busse bzw. Wiederversöhnung mit Gott und der Gemeinde nach dem Abfall vom Glauben durch eine schwere Sünde zu erlangen, in dem sie öffentlich ihre Schuld bekannten und um Vergebung baten.
- Es gab die Möglichkeit zur Beichte im Sinne eines Seelsorgegespräches bei Mönchseremiten, die in der Wüste lebten. Der Schwerpunkt lag auf der Sinnesänderung und der konkreten Lebenshilfe.
Mit dem Ausbleiben der Wiederkunft Christi wurde ab dem sechsten Jahrhundert n. Chr. die Möglichkeit geschaffen, seine Sünden öfters zu beichten und zu bereuen. Gleichzeitig verschwand der öffentliche Bussakt zugunsten der Ohrenbeichte beim Priester. Langsam entstanden auch Hilfslisten, die mögliche Sünden auflisteten und in Kategorien einteilten. Damit begannen Missbräuche und Missverständnisse, die schliesslich durch den Ablasshandel (Erlass von Sünden gegen Geldzahlung) zur Reformation führten.
In den altkatholischen Kirchen liegt der Schwerpunkt heute auf der gemeinsamen Bussfeier als „Feier der Versöhnung“. Ferner besteht die Möglichkeit zum individuellen Beichtgespräch.
Der Sinn von beidem liegt darin, dass Menschen Fehlerhaftigkeit und falsches Tun (Sünde) erkennen und das echte Bedürfnis verspüren, sich mit Gott und mit den Mitmenschen wieder zu versöhnen.