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«Ehe für alle»: Es soll vorwärts gehen!

Synode Aischa Amrein
«Ehe für alle»: von der Christkatholischen Jugend in die Synode eingebracht und dort von Aischa Amrhein gut vertreten.

151. Session der Nationalsynode in Lancy

Die Delegierten der Nationalsynode haben ein unmissverständliches Zeichen gesetzt. Sie sprachen sich für die zivilrechtliche «Ehe für alle» und einen fundierten, aber zeitlich mutigen innerkirchlichen Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess. Dieser Wille zeigt sich in Form einer Sondersession, die Anfang nächsten Jahres stattfinden und nur ein Thema behandeln soll: was bedeutet die «Ehe für alle» für die Sakramentalität unserer Kirche?

«Ehe für alle» – ein Begriff, der bewegt und im ungüngstigsten Fall eine Diskussion aus dem Ruder laufen lassen kann. An der Nationalsynode der Christkatholischen Kirche der Schweiz in Genf kam indes zu keinem Zeitpunkt das Gefühl auf, die Debatte könnte ausser Kontrolle geraten. Nein, die Voten waren mal mehr, mal weniger emotional, aber immer der Sache dienend.

Das ist umso erstaunlicher, weil es um eine für Kirchen herausfordende Frage geht: Soll die zivilrechtliche «Ehe für alle» befürwortet werden und sollen gleichgeschlechtlich Liebende Menschen das Sakrament der Ehe empfangen können? Zudem muss diese Frage der Sakramentalität nicht nur in der Schweiz, sondern auch innerhalb der Utrechter Union geklärt werden. Und nicht ganz unwichtig: mit welchem Zeithorizont? Viele offene Fragen, auf die die Synodalen mutige Antworten gegeben haben.

Zivilrechtlich problemlos

Schon das Einführungs-Referat von Professor Peter-Ben Smit liess erahnen, dass einer Zustimmung zur zivilrechtlichen «Ehe für alle» aus kirchlicher Sicht nicht viel einzuwenden ist. Smit: «Es scheint mir für unsere Kirche eine Selbstverständlichkeit, die zivilrechtliche ‹Ehe für alle› zu unterstützen.»

Pfarrer Klaus Wloemer (Solothurn)war mit dem Begriff «Ehe für alle» unglücklich, weil er auch Ehen mit Minderjährigen implizieren könnte. Frederika Schmidt (Basel) verwies darauf, dass es im Grunde nur sinnvoll sei, sich für die zivilrechtliche «Ehe für alle» zu bekennen, wenn diese auch in der Kirche nachvollzogen werde. Alles andere wäre ein Lippenbekenntnis.  Jene, die das Anliegen der «Ehe für alle» überhaupt in die Synode gebracht hatten, nämlich die Christkatholische Jugend, brachten ihre Sichtweise ebenfalls ein. Aischa Amrhein meinte, es sei Pflicht der Kirche, sich für jene einzusetzen, die benachteiligt sind. 

Der Antrag von Bischof und Synodalrat, die zivilrechtliche «Ehe für alle» zu befürworten, wurde grossmehrheitlich gutgeheissen, bei einer Neinstimme und zwei Enthaltungen.

Bei der innerkirchlichen Meinungsbildung sowohl in der Schweiz als auch innerhalb der Utrechter Union gingen die Meinungen auseinander. Bischof Harald Rein betonte, dass die Frage der «Ehe für alle» die Gefahr einer Kirchenspaltung berge. Der Bericht über die Situation bezüglich «Ehe für alle» in der Utrechter Union hält unter anderem fest, dass Polen eine Ehe für gleichgeschlechtlich Liebende nicht akzeptieren könnte.

Pfarrerin Liza Zellmeyer (Biel, Allschwil-Schönenbuch) verwies in ihrem Votum auf das Frauenpriestertum, das in der Utrechter Union eingeführt wurde, von Polen aber nicht umgesetzt werde. Zu einer Spaltung sei es dennoch nicht gekommen. Noch einen anderen Punkt sprach sie an: «Wer hat sich eigentlich wem anzupassen und auf wen Rücksicht zu nehmen? Wir haben die Pflicht, die Menschenrechte einzuhalten. Wir müssen einen Schritt wagen, auch wenn die Einheit dadurch gefährdet ist. Wenn wir zur zivilrechtlichen Ehe für alle Ja sagen, dann müssen wir auch kirchlich dazu stehen und diese umsetzen.» Aber bis wann?

Klarer Zeithorizont gesetzt

Im Antrag von Bischof und Synodalrat wird festgehalten, dass der Meinungsbildungsprozess in der Schweizer Kirche «voranzutreiben» sei, ohne Angabe eines Zeithorizonts. Zudem solle die Nationalsynode keinen definitiven Beschluss fassen, bis der Prozess der Internationalen Bischofskonferenz IBK abgeschlossen sei. 

Beides stiess in der Synode auf Widerstand. Bischof Rein merkte an, dass die IBK ja bereits bis Mitte Juni 2020 ihren Meinungsbildungsprozess auswerten werde.

Den Delegierten war diese Zusicherung zu wenig. Sie beschlosssen grossmehrheitlich, dass zusätzlich zuhanden der IBK bis Juni 2020 ein Bericht und eine Stellungnahme zur sakramentalen Dimension der «Ehe für alle» erarbeitet werden müsse. Und mit 35 Nein bei 14 Ja und 9 Enthaltungen lehnten die Synodalen das Vorhaben von Bischof und Synodalrat ab, mit einem eigenen Beschluss zu warten, bis die IBK ihren Prozess beendet hat.

Warnende Voten, das Tempo bei der Entscheidungsfindung nicht allzu forsch voranzutreiben, kamen von Pfarrer Nassouh Toutoungi  (Neuenburg) und Pfarrer Daniel Konrad (St. Gallen). Toutoungi schlug eine Kommission vor, Konrad meinte, man solle keine Antworten geben, bevor man darüber nachgedacht habe. Nachgedacht hat Urs von Arx (Bern). «Wenn wir uns zur  Sakramentalität einer ‹Ehe für alle›  profiliert äussern wollen, dann ist eine Ausserordentliche Synode einzuberufen». Etwas, das bei der Frage der Frauenordination mehrfach der Fall gewesen war. Den Faden nahm Urs Stolz (Zürich) auf: «Eine Sondersession wäre in Zürich möglich. Die Kosten werden von der Gemeinde vollumfänglich getragen.»

Ausserordentliche Session

Synodalrat und Bischof mussten sich nur kurz beraten und sicherten den Delegierten zu, dass eine solche Sondersession im Februar 2020 möglich sei. Behandelt werden soll an dieser nur das Für und Wider eines Ehesakraments für homosexuelle Paare in unserer Kirche.

Der Antrag von Bischof und Synodalrat, «Die Nationalsynode bekennt sich zum von der Internationalen Bischofskonferenz initiierten Prozess der Meinungsbildung innerhalb der Utrechter Union» wurde schliesslich mit 57 Ja, keiner Gegenstimme und zwei Enthaltungen gutgeheissen. Ein klares Bekenntnis der Synode zur Utrechter Union, von der sie sich aber zeitlich im eigenen Meinungsfindungsprozess nicht bevormunden lassen möchte.

Franz Osswald