Einhorn
Wenn die Überlegungen des letzten «Tessinerli» mit einer Katze begannen, geht es in diesem Monat um ein anderes, ein besonders Tier: das Einhorn.
In einer Schriftstelle aus dem Alten Testament werden all die Dinge aufgezählt, welche das Volk Israel für den Bau der Stiftshütte benötigt, jenem transportablen «heiligen Zelt», in welchem während der Wanderung durch die Wüste Gott wohnen sollte. Dazu gehören auch die Felle von «Tachasch», ein Wort, das in der christlichen Welt mit «Delfin» übersetzt wird, eine Übersetzung, die auf der Ähnlichkeit zwischen «Tachasch» und dem arabischen Wort «tukhas» beruht, das «Dugong» bedeutet (s. Bild). Diese Übersetzung erzählt von der Schwierigkeit, solche Felle für die Israeliten beizubringen, da sich das Volk zu diesem Zeitpunkt ja in der Wüste befindet.
Aber das ist nicht die Übersetzung, die viele Rabbiner geben; nicht zuletzt deshalb, weil ein Tier für das provisorische Tabernakel in der Wüste koscher sein musste, was der Delfin nicht ist. Nach dem babylonischen Talmud und dem Kommentar von Raschi war der Tachasch ein koscheres, mehrfarbiges, einhörniges Wüstentier, das für den Bau der Stiftshütte verwendet wurde und danach nicht mehr existierte. Die Suche nach Einhornhäuten wird dadurch erheblich erschwert.
Aber gerade solch schwierige Bibelstellen verhelfen zu wichtigen geistlichen Einsichten. Wir teilen die Überlegungen zu diesem Punkt von Rav Aron Moss, Rabbiner der Nefesh-Gemeinde in Sydney, Australien (veröffentlicht auf Chabad.org.): „Nun ja, wir glauben an Einhörner. Ich habe sie gesehen, und vielleicht haben auch Sie sie gesehen. Das Leben besteht aus vielen flüchtigen Momenten. Jahre vergehen, Tage kommen und gehen, Gelegenheiten tauchen auf und verschwinden wieder; wie Tachasch, heute sind sie da und morgen nicht mehr.»
Elisabetta Tisi