Haussegen II oder Mitten ins Schwarze
«Die Söhne, die man im jungen Alter bekommt, sind wie Pfeile in der Hand eines Kriegers.»
Ps 127,4
Es gibt Tage, an denen wächst mir der Alltag über den Kopf: Termine jagen einander den Rang ab, kurzfristig kommen noch weitere dazu – jemand, der die Kinder hütet, muss her. Sport, Musik und Freizeit leiden darunter. Das letzte gemeinsame freie Wochenende bei Pfarrers liegt Monate zurück. Und im Gottesdienst sind wieder einmal nur wenige, die mitfeiern. Es folgen die neusten Zahlen des Bundesamtes für Statistik, die Sonntagszeitung titelt danach zynisch: «Die Kirchen müssen dran glauben.» Und schliesslich noch schwierige Fragen im Landeskirchenrat und im Synodalrat.
Die Kinder beanspruchen mich jede freie Minute. Bei allem muss man ihnen helfen, sie wollen alles selbst bestimmen, aber schaffen einfach doch noch nicht alles selbst und die Eltern dürfen es dann richten. «Nid gern!» quengelt es, «Ich wett aber!» motzt es, «Wasser!» befiehlt es und so weiter. Alles Schimpfen und gut zureden nützen oft nichts. Wie nur weiter? Meine Frau und ich waren auch schon mal verliebter und hatten weniger berufliche und familiäre Verpflichtungen als heute und somit mehr Zeit für einander. Zuletzt kommen auch noch irgendwelche Besserwisser*innen mit ihren unverrückbaren Lebensweisheiten und superklugen Ratschlägen an.
Der Zweifel beginnt zu nagen: Habe ich den falschen Beruf? Gelingt das Familienleben noch? Bin ich einfach nur zu schwach? Wie lange geht das so noch weiter? Ich gehe zeitweilen zur Supervision, um meine Gedanken zu sortieren. Als ich zum letzten Mal dorthin aufbrach, fragte mein Sohn: «Warum gehst Du denn dorthin?» Ich antwortete: «Weil ich mich manchmal hoffnungslos verloren fühle.» Daraufhin er: «Aber wir sind doch für dich da.» – Volltreffer!!!
Lenz Kirchhofer