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Im Dämmern des Morgens

Spritualitaet 1
Grablegung Christi, Fresko des Waltensburger Meister (aktiv in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert), Lüen, Kirche S. Zeno.

Tot. Ausgelebt. Zerschlagen.
Von Schergen und Henkern.
Erstarrt sinkt ins Grab,
der Lahme heilte,
Blinde sehen liess,
Sklaven befreite.

Beweint und betrauert
von Wenigen, Treuen:
Der Mutter gebrochenen Herzens.
Dem liebsten Freund.
Dem Weltweisen von Arimathäa.
Dem dunkelfragenden Nikodemus.

Und schon liegt bereit
der schwerlastende Deckel,
den steinernen Mund
endlich zu schliessen,
zu begraben, zu vergessen
Kummer und Leid und Tod.

Nur wenige Hände halten
den Todesstarren wie federleicht.
Er sinkt nicht zur Grube:
Bleibt in der Schwebe des Lebens.
Tränen und Liebe halten ihn,
sanft, still im Lichte.

Im Dämmern wohnt schon der Morgen,
im Erstarren der Flug,
im Karfreitag das Ostern,
im Verlassenen Gott,
im Zerbrechen Erwachen
im Tod neu liebendes Leben.

Michael Bangert