Nicht alle mögen es heiss
Wie halten Christkatholiken es eigentlich mit dem Fegefeuer?
Die Auffassung vom Fegefeuer hat sich seit dem Mittelalter entwickelt. Papst Gregor der Grosse sprach im 6. Jahrhundert von einem Feuer der Reinigung für leichte Sünden vor dem eigentlichen Gericht. Im 12. Jahrhundert verbreitete sich die Vorstellung von diesem «dritten Ort» neben Himmel und Hölle als neue Topografie des Jenseits. Die Lebenden konnten mit Fürbitten und Messstipendien die Zeit der Verstorbenen an diesem Ort der Läuterung verkürzen, im späten Mittelalter wurden ihnen auch Ablässe zugewendet. Nicht nur die Reformatoren verwarfen das Fegefeuer als «erfundenes Jenseits», das in der Bibel nicht vorkomme, auch den Ostkirchen ist diese Vorstellung fremd.
Christkatholische Theologie lehnt die Lehre vom Fegefeuer ab
Die altkatholische Theologie hat sich von der Lehre des Fegefeuers bereits in den 1870er Jahren distanziert, und zwar in zweierlei Weise. Erstens lehnte sie das Fegefeuer ab als Ort, an dem Gläubige ihre Sündenstrafen, die sie auf Erden nicht vollkommen abgeleistet haben, nunmehr im Jenseits abbüssen. Zweitens kritisierte sie das Ablasswesen, weil dadurch die liebevolle Gnade, mit der Gott einen Menschen zur ewigen Freude bestimmt, als etwas Käufliches betrachtet wird.
«…euer neues Leben ist mit Christus verborgen in Gott»
CG I, 289
Das Gebet um Gottes Barmherzigkeit für die Verstorbenen haben die Alt- und Christkatholiken allerdings beibehalten, ebenso das Totengedächtnis, wie etwa an Allerseelen oder bei der Feier der Jahrzeit. Das Gebet für die Verstorbenen könnte bedeuten, dass diese Person auch nach ihrem Tod noch einen Weg zu Gott oder mit Gott zu gehen hat – wie dies geschieht, entzieht sich unserer Erkenntnis. Der Glaube an ein Jenseits mag heute andere Ausdrucksformen finden, als sie für den mittelalterlichen Menschen selbstverständlich waren. Die Hoffnung, dass der Tod eines Menschen «verschlungen ist in Christi Sieg», bleibt tröstlich. Neben die Reinigung «von allen Makeln der Sünde» halten wir Ausschau nach dem neuen, den Lebenden bis anhin verborgenen Leben «in Gott».
Prof. Dr. Angela Berlis