«Reicher in Herz, Verstand und Geist»
Mein Weg nach Bern
Mein Weg zur Theologischen Fakultät Bern baute sich international und interdisziplinär auf. Ich habe Philosophie in Bukarest und in Tübingen studiert. Nach einem Master in Europäischen Studien an der römisch-katholischen Universität Louvain-la-Neuve in Belgien habe ich anschliessend einen Master in Theologie an der orthodoxen Theologischen Fakultät Bukarest mit dem Schwerpunkt «Glaubenslehre und Kultur» abgeschlossen. Dogmatik, Patristik sowie asketische und mystische Theologie haben mich schon damals angezogen, ebenso wie die Problematik des Herzens als Tiefe und Zentrum des menschlichen Wesens. 2012 habe ich an der Sorbonne in Paris und an der Universität Bukarest mit einer philosophischen Doktorarbeit über das Herz beim lateinischen Kirchenvater Augustinus promoviert. Danach habe ich die gleiche Frage bei den griechischen Kirchenvätern untersucht im Hinblick auf die Gotteserkenntnis des Menschen. 2018 habe ich in orthodoxer Theologie über das Herz und den Verstand bei Diadochus von Photike, Bischof im 5. Jahrhundert, am Orthodox-Theologischen Institut St. Serge von Paris promoviert. Im Herbst 2017 bin ich mit dem Exzellenz-Stipendium der Schweizerischen Regierung nach Bern gekommen. Seit dem 1. September 2018 bin ich als Assistenzprofessorin mit Tenure Track für Systematische Theologie und Ökumene (50%) am Institut für Christkatholische Theologie tätig.
Systematisches und lebendiges Denken
Theologie lässt sich gleichermassen mit Herz und Verstand «studieren», mit Begeisterung und Rigorosität. Als Aufstieg des Denkens und als Vertiefung des geistlichen und liturgischen Lebens. Das Studium der Theologie verbindet philosophische Feinheit, philologische Genauigkeit und historisches Wissen mit einer innerenSehnsucht. Eine gewisse Fertigkeit in der Auslegung der Texte ist auch notwendig. Die Auseinandersetzung mit Begriffen und Argumenten wird im Umgang mit theologischen Texten eingeübt. Analytische und synthetische Kompetenzen sind dazu wesentlich – sie werden auch die Praxis beeinflussen und bereichern. Mit einer solchen Zielsetzung sind die Lehrveranstaltungen am Institut für Christkatholische Theologie Bern gestaltet, insbesondere die Veranstaltungen in Systematischer Theologie.
In der Systematischen Theologie geht es darum, die Glaubenslehre darzustellen und zu erläutern, die Begriffe in ihren Bedeutungen, Entwicklungen und Beziehungen besser zu verstehen und den Aufbau der Argumentation in dogmatischen Äusserungen und Auseinandersetzungen zu erkennen. Ein sehr breiter thematischer Horizont eröffnet sich in der dogmatischen Theologie. Der Weg der Erkenntnis führt hier von der Lehre über den dreieinigen Gott zu Christus und seinem erlösenden Werk für die Menschheit, zum Heiligen Geist und seinen Gaben, sodann über Schöpfungslehre und Anthropologie, Ekklesiologie und Sakramentenlehre hin zur Darstellung des ewigen Lebens im Reich Gottes und der perfekten Liebesgemeinschaft mit Gott und den Heiligen. Theologisches Denken lässt sich als systematische Komplexität, aber auch als lebendiges Streben nach Vollkommenheit erfahren.
Offenheit und Dialog
Studierende der christkatholischen Theologie können die dogmatischen Ansätze sowohl in ihrem spezifisch christkatholischen Verständnis als auch im Gespräch und Vergleich mit dem orthodoxen, anglikanischen, römisch-katholischen, orientalisch-orthodoxen oder evangelischen Verständnis vertiefen. Deshalb stellt die Systematische Theologie immer einen Bezug zur Ökumenischen Theologie her. Darüber hinaus sind Offenheit und Dialog nicht nur Stichwörter des Studiums, sondern auch charakteristisch für die Stimmung im Team des christkatholischen Instituts und in der Zusammenarbeit mit anderen Instituten der Theologischen Fakultät. Auch die Arbeit und die Diskussionen in Seminaren werden reichhaltiger, wenn sich Studierende mit verschiedenen konfessionellen, kulturellen und sprachlichen Hintergründen daran beteiligen. Letztendlich heisst Theologie studieren, immer reicher in Herz, Verstand und Geist zu werden.
Prof. Dr. Georgiana Huian