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Scherben kitten

«Er heilt, die gebrochenen Herzens sind, er verbindet ihre Wunden.»

Psalm 147,3

In Japan gibt es eine besondere Tradition. Wenn ein Keramik-Gefäss zerbricht, wird es nicht einfach entsorgt, sondern auf besondere Weise geflickt. Diese Methode heisst «Kentsugi». Die Scherben werden mit einer Kittmasse zusammengeklebt, in die Goldpulver gemischt wurde. Normalerweise würde man beim Flicken versuchen, es so zu erreichen, dass man möglichst wenig sieht. In dieser japanischen Tradition werden die Risse hingegen hervorgehoben und vergoldet.

Hinter «Kentsugi» steht eine ganze Lebensphilosophie. Fehler und Brüche werden wertgeschätzt. Die Tradition stammt aus dem Zen-Buddhismus. Aber die Gedanken, dass wir Menschen und unser Leben nicht perfekt sind, dass auch wir und unser Leben Spuren von Rissen aufweisen, gehören zu den universellen Erfahrungen.

Wir sind Gefässe des Lebens. Manchmal geht etwas in die Brüche, unser Herz bekommt Risse. «Ich bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäss», so wird es in Psalm 31 zum Ausdruck gebracht. Es mag sich anfühlen, als ob das Leben zerfliesst.

«Gott heilt, die gebrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden», stellt der Psalm 147 dagegen. Er selbst kommt in die Welt und erlebt Brüche und Verletzungen. Die Risse, die Gott verbindet, können sein wie die goldenen Bruchstellen der zerbrochenen Gefässe. Solche Erfahrungen im Leben müssen nicht möglichst unauffällig an uns vorbeigehen, so dass niemand etwas bemerkt. Sie sind Gott nicht egal. Die Schale ist nicht perfekt, aber genau so, wie sie sein soll: wertvoll und schön.

Lenz Kirchhofer