Überfülle des Lebens
Frage: Was bedeutet das Licht der Auferstehung Christi?
Jedes Jahr gehen wir in der Osternacht in die Kirche und zünden unsere Kerzen an. Wir empfangen «das Licht Christi, das allen leuchtet». Geschützt in unseren Händen, verbildlicht das Kerzenlicht das Licht der Auferstehung Christi – das Licht des Sieges des Lebens über den Tod, das Licht der Erneuerung der Welt, das die Vergöttlichung des Menschen ermöglicht.
Dieses Licht ist weder das Symbol einer entfernten und unbestimmten Hoffnung noch das Zeichen einer vorübergehenden Freude. In diesem Licht ist unser «Jetzt» in die Ewigkeit Gottes aufgenommen. Durch die Ausstrahlung des auferstandenen Christus ist die Überfülle des Lebens in unser Leben hineingegossen. Christus ist «das wahre Licht» (Joh 1, 9), «das Licht der Welt» (Joh 8, 12), nicht erfasst von der Finsternis (Joh 1,5). In Christus fallen Licht und Leben in eins. «In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen» (Joh 1,4). Das Licht des Wortes (Logos) ist allen geschenkt – es teilt sich, aber es zerteilt und vermindert sich nicht. Dieses Geschenk umarmend und kostend, erhalten wir in der Osternacht erneut die Berufung, unser Leben als Aufstieg und Pilgerfahrt ins Licht Gottes zu gestalten: Indem wir Christus folgen, werden wir «das Licht des Lebens» haben (Joh 8,12).
Nun können wir weiterfragen: Wie wird die Ausstrahlung der Auferstehung sichtbar? Gibt es eine sichtbare und eine unsichtbare Seite dieses Abglanzes? In der Auferstehungsikone nimmt Christus Adam und Eva an ihren Händen und holt sie aus ihren Gräbern heraus. Die Menschheit wird aus der Dunkelheit des Todes und der Sünde ins Licht des Lebens gebracht. Aber die mandelförmige Aureole um Christus ist mit verschiedenen Nuancen dargestellt – sie ist paradoxerweise heller nach aussen und dunkler nach innen. Was soll das bedeuten? Im Kern des Lichtes «verbirgt sich» einfach eine «überhelle» Dunkelheit. Das heisst, dass das Licht Christi alle unsere Wahrnehmungen und Vorstellungen vom Licht übersteigt. Denn es geht hier nicht um ein physisches Licht, sondern um die ungeschaffene Energie Gottes. Deswegen bleibt dieses Licht unsagbar und unbegreiflich, auch wenn es sich – wie in der Osterzeit – erfahren lässt. Es bleibt letztendlich ein Mysterium.
Prof. Dr. Georgiana Huian