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Unser neuer Bischof Frank Bangerter

10 Frank Bangerter

«Wir müssen uns immer wieder fragen, ob wir das auch tun, was uns die frohe Botschaft eigentlich sagt.»

Besucht man eine Gesprächsgruppe in Zürich-Oerlikon in der Christuskirche, wo unser neugewählter Bischof Frank Bangerter Pfarrer war und fragt die Runde, was sich die Einzelnen vom neuen Bischof erhoffen, so breitet sich eine riesige Vielfalt von Wünschen aus. «Wir beweisen allein schon mit der farbigen Palette an Fragen, wie lebendig unser christkatholisches Bistum ist,» meint Frank Bangerter.

Frank Bangerter bringt sein Grundanliegen auf den Punkt: «Alles geht nur gemeinsam; das ist unumstösslich. Vom Bischof allein kann nicht das Heil für unsere Kirche erwartet werden.» Wenn er die Wunschliste jener Leute anschaut, mit denen er gesprochen hat, beschäftigt ihn alles, jeder einzelne Gedanke.

Personalfragen

Darauf angesprochen, was ihm besonders wichtig sei, sagt er unumwunden: «Die Personalfragen.» ­Neben seinem Dienst als Pfarrer kennt er das Bistum auch als Synodalrat, bei dem vieles zusammenläuft, was in der Kirche zu entscheiden ist – der Synodalrat ist so etwas wie die Regierung des Bistums. Sein Blick reicht über den Tellerrand der Kirchgemeinde hinaus: «Ich will,» sagt er, «noch stärker den Kontakt zu den Menschen suchen, und ich möchte in die Kirchenpflegen, in die Kirchgemeinden und in die vielen Gremien gehen. Ich möchte mitfeiern und spürbar da sein.» Ein anderes Thema, das ihm unter den Nägeln brennt, ist die Frage, wie man den Regionen und den Kirchgemeinden mehr Kraft geben kann. «Wir wissen ja,» sagt er unumwunden, «dass einige Gemeinden kurz vor dem Kollaps stehen – sei es finanziell, personell oder aus anderen Gründen.»

«Es muss etwas gehen»

Viele erwarten vom neuen Bischof, dass «etwas geht» in der Kirche. Frank Bangerter gibt darauf eine spirituelle und eine praktische Antwort: «Damit wir aus unserem Schatz an Katholizität, unserer grossen Spiritualität, die Energie gewinnen können, die den Gemeinden neue Kraft verleiht, müssen wir mutige und konkrete Entscheidungen fällen. Wir lernen von den Einzelnen an ihren Orten und ringen darum, wie wir in grösseren Regionen die Erfordernisse der Zeit meistern können.» Und wie viele Regionen sollen das sein? «Da könnte ich mir vorstellen, dass es in der Schweiz fünf bis sechs Regionen geben wird, die wir personell und finanziell zusammenlegen. Regionen mit gemeinsamer Administration, ein paar Geistliche, die sich gegenseitig kreativ unterstützen, stärken und sich untereinander die Arbeit aufteilen. Gemeinschaftliches Arbeiten: Das ist in unserem Bistum eigentlich nicht neu, doch sollte es besser umgesetzt werden.» Diese Fragen wird der neu gewählte Bischof Frank bald als feste Traktanden im Kalender stehen haben.

Frank Bangerter: «Der Bischof bleibt ein Seelsorger, von dem man hofft, dass er im Bistum spürbar und mit seinem Herzen da ist. Speziell in der Situation, in der wir uns bewe­gen, hat alles andere hintenanzuste­hen. Wir stehen vor grossen Heraus­forderungen.»
Fotos: Nik Egger

Wer sind die Studierenden der Zukunft?

Eine Frage, die Frank Bangerter schon lange beschäftigt, und der er sich als Bischof noch intensiver widmen muss, ist jene nach der Zukunft des Theologiestudiums. Wie soll es mit der Ausbildung weitergehen, und wer werden unsere Geistlichen von morgen sein? Er selbst hat neben Theologie auch Wirtschaft studiert und als Volkswirtschaftler unter anderem im Personalwesen gearbeitet. So kennt er den Universitätsbetrieb, und es belastet ihn, dass das Theologiestudium in grossen Schwierigkeiten steckt, auch wenn wir die nötigen Strukturen und Lehrkräfte haben, welche gute Arbeit leisten. Als Bischof wird er sich der dringenden Frage stellen, wie man in Zukunft Menschen motivieren kann, Seelsorgerin oder Seelsorger zu werden und die entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Zurzeit gibt es keine Studierenden, und der Kanton Bern macht Druck auf das Institut für Christkatholische Theologie der Theologischen Fakultät an der Universität Bern. Es kommt hinzu, dass die Anzahl der aktiven Geistlichen markant abnimmt. Viele unserer neueren Geistlichen – Frauen und Männer – kommen ursprünglich aus Deutschland oder waren einmal römisch-katholisch. Unser neu gewählter Bischof Frank redet nicht darum herum: «Die Ausbildung muss neu konzipiert werden, und wir müssen parallel unsere Laien ermächtigen, mehr Verantwortung zu tragen. Wir müssen uns ein Modell überlegen, das an unserer Gegenwart Mass nimmt, und uns fragen, wen wir für fähig halten, in einer Kirchgemeinde in einem geistlichen Amt zu dienen. So könnte man etwa das Diakonat niederschwelliger ansetzen. Oder es sollte für künftige Priesterinnen und Priester möglich sein, neue Formen zu finden.»

Frei denken, offen denken, alles ist möglich

«Ich möchte alle einladen», sagt Frank Bangerter, «sich für ihr Denken und Handeln einem Motto anzuschliessen: Frei denken, offen denken, alles ist möglich.» Wen er denn da meint, hatte ihm jemand geschrieben, worauf er weiter konkretisierte: «Wir müssen unsere Laien befähigen und begeistern, mehr zu tun, auch spirituell, weil wir nur so in zehn oder zwanzig Jahren noch funktionieren können.» Auf die Frage, was er denn mit «spirituell» meine, sagt er: «Wichtig ist, dass wir uns immer wieder fragen, warum es uns überhaupt gibt. Uns gibt es nur, weil Jesus Christus gelebt und seine Apostel eingesetzt hat. Unsere Aufgabe dabei ist, das Evangelium zu verkünden, die Frohe Botschaft. Alles, was wir tun, muss sich darauf beziehen. Wir müssen uns immer wieder fragen, ob wir tatsächlich das tun, was die Frohe Botschaft eigentlich von uns verlangt. Das ist meine Spiritualität, und mir ist dabei im Herzen wichtig, dass wir dies nicht in Stein meisseln, sondern immer wieder neu überdenken, was es heute für uns heisst.»

Niklas Raggenbass