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Zwei ungleiche Apostel

PetrusPaulus Ganz
Die beiden Apostel Petrus (links, mit dem Schlüssel) und Paulus.

In den Zeitraum dieser Ausgabe fällt ein besonderes Datum: Am 29. Juni gedenken wir der beiden Apostel Pe­trus und Paulus. Ausgerechnet diese zwei «Sturköpfe» gedenken wir am gleichen Tag! 

Der eine, der im Gefolge Jesu gern gewichtig auftrat, sich dann aber hinter Lügen versteckte, um die eigene Haut zu retten: «Ich kenne diesen Menschen nicht…» 

Der andere, der als beinahe schon zwanghafter Christenverfolger bekannt war, dann aber eine Bekehrung erlebte, die alles verändert hat: «Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir…»

Petrus, der sich von Jesus begeistern liess und kurzerhand aus dem Boot ausstieg, um wie Jesus auf dem Wasser zu wandeln. Naja, wie das ausging, wissen wir ja. 

Paulus, der eifrig für den Dialog mit den Heiden eintrat, aber mit dem eigenen Gefährten Barnabas nicht mehr klarkam. Paulus geriet mit ihm auf einer Missionsreise in Streit über ihren Gefährten Markus. Ergebnis: Es ging nicht mehr miteinander. Sie mussten sich trennen. Zu unterschiedlich waren ihre Ansichten. Die ganze spannende Geschichte ist nachzulesen in der Apostelgeschichte, Kapitel 15.

Welche Typen, Petrus und Paulus! Sie begegneten einander mit so unterschiedlichen Vorstellungen von Kirche, dass es zur offenen Auseinandersetzung kam: Wer darf eigentlich dazugehören? 

Wer darf was in der Kirche tun – und in welcher Position?  Was ist wichtiger: Gesetz oder Geist? Und: Wer entscheidet hier eigentlich?

Paulus sagte – sogar öffentlich –, dass Petrus sich mit seiner Meinung «ins Unrecht gesetzt» hätte (siehe Galaterbrief 2, 11). Erst das sogenannte Apostelkonzil konnte mit Hilfe des Heiligen Geistes den Streit schlichten und eine verbindliche Entscheidung herbeiführen. Die Gemeinschaft also kann da neue Wege finden, wo einzelne nicht weitersehen können.

Genau diese beiden Sturköpfe haben also einen gemeinsamen Gedenktag, eben den 29. Juni. Ich finde das gut. Denn diese beiden stehen mit ihrem leidenschaftlichen Engagement für die Lebendigkeit einer Kirche, die sich ihren Fragen, ihren Problemen und den Menschen stellt. Und die darauf vertrauen, dass Gott uns den richtigen Weg weisen wird. Der Streit zwischen Petrus und Paulus war ja keine eitle Rechthaberei, sondern der Versuch, die Botschaft Jesu zu verstehen, um sie leben und verkündigen zu können. «Ich habe den guten Kampf gekämpft», konnte Paulus später sagen. 

Natürlich möchte ich Streit als solchen nicht allgemein schön reden. Dazu ist Streiten zu anstrengend, der Ausgang oft zu schwach oder sogar destruktiv.

Aber ich sehe in diesen beiden Aposteln, Petrus und Paulus, eine Haltung, die zu uns als synodaler Kirche sehr gut passt. Die Haltung nämlich, dass es hier und heute an uns liegt, die Botschaft Jesu glaubwürdig zu verkünden, und die Auseinandersetzung nicht scheut, um gemeinsam (synodal) Entscheidungen treffen zu können, die dem Evangelium entsprechen und die Menschen im Glauben stärken. Die Sache Jesu braucht uns als Zeugen. Es ist nicht egal, ob ich rede oder schweige, handle oder abwarte. Also muss ich auch um Positionen ringen und mich mit anderen Personen und ihren Meinungen auseinandersetzen – und diese mit mir. Die Entscheidung, was das Richtige ist, braucht (neben dem Heiligen Geist) die Auseinandersetzung, den klärenden Streit im besten Sinne. Ich brauche als Mensch in der Nachfolge Jesu andere Menschen, mit denen ich meinen Glauben teilen, aber eben auch darum ringen kann. 

Ich glaube, dass uns als Kirche solche «Streit-Kräfte» wie Peter und Paul gut tun. Denn offensichtlich wird hier in besonderer Weise das Wirken des Heiligen Geistes erkennbar. So gesehen sind die beiden Apostel gute Vorbilder für eine synodale Kirche, die ja auch immer nach neuen Wegen sucht und oft genug ringen muss, wenn sie Entscheidungen für die Zukunft treffen will. Petrus und Paulus zeigen uns, dass selbst da, wo man Mühe mit anderen hat, der Geist Gottes wehen und uns einen gangbaren Weg weisen kann.

Pfarrer Christian Edringer, Möhlin