Passionszeit

Vom 5.Sonntag der Fastenzeit (Passionssonntag) an rückt das Leiden Jesu Christi betont in den Mittelpunkt der Gottesdienste. Darum heisst dieser Teil der Vorbereitungszeit auf die Dreitägige Osterfeier auch Passionszeit. Es ist daher sinnvoll, in den Kirchen Bilder, die Christus in seiner Herrlichkeit zeigen, bis zum Karsamstag mit (allenfalls passend gestalteten) Tüchern abzudecken und damit die frühere Tradition der so genannten Hungertücher aufzunehmen.

Weniger einleuchtend erscheint der Brauch, gerade die Kruzifixe bis zur Passions­liturgie am Karfreitag zu verhüllen; die Kreuzverehrung am Karfreitag kann auch mit einem feierlich herein getragenen unverhüllten Kruzifix geschehen.

Palmsonntag

PalmblattDer 6.Fastensonntag trägt den Namen Palmsonntag wegen der Palmzweige, mit denen viele Menschen Jesus als König begrüssten, als er auf einem Esel reitend in Jerusalem einzog. Diese Begrüssung wird ein Stück weit im Gottesdienst des Tages nachvollzogen: Immer­grüne Zweige, etwa von Stechpalmen oder Buchsbäumen, werden im Lauf der Eucharistiefeier gesegnet und den Mitfeiernden ausgeteilt, die dann mit Zweigen in den Händen Christus dem Friedenskönig ein Loblied singen und das Evangelium von seinem Einzug anhören. Die Zweige werden nach Hause mitgenommen und hinter ein Kreuz oder eine Ikone gesteckt und das Jahr über aufbewahrt.

Die Woche von Palmsonntag bis und mit Ostersonntag ist durch ­eine besondere Dichte ausgezeichnet: Die Liturgie dieser Tage greift die herausragenden Geschehnisse jener schicksalhaften Woche auf, an deren Beginn Jesus in Jerusalem einzieht und an deren Ende sich die Osterbotschaft von der Auferweckung des Gekreuzigten ankündet. Sie heisst daher zu Recht Heilige Woche. Sie umfasst sowohl das Ende der Fastenzeit als auch die Dreitägige Osterfeier, die in die Osterzeit überleitet (siehe Seite 674–675). Die Bezeichnung «Kar­woche» bringt nur den Aspekt von Trauer und Klage (vom althochdeutschen Wort kara) zum Ausdruck.

Vollständige Texte und Gesänge vom Palmsonntag bis zur Osternacht sind in Einzelheften zu finden. Sie bilden auch den Inhalt des zweiten Bandes des vorliegenden Gebet- und Gesangbuches. Hier werden nur einige wenige Hinweise gegeben.

Gründonnerstag

Das gottesdienstliche Geschehen am Hohen Donnerstag, der auch Gründonnerstag genannt wird, ist recht vielfältig.

Am Morgen leitet der Bischof – in der Regel in der Pfarr- und Bischofskirche St.Peter und Paul in Bern – eine Eucharistiefeier, in der in besonderer Weise seine Gemeinschaft mit dem Presbyterium, d.h. dem Kollegium der Priester und Priesterinnen, zum Ausdruck kommt. In ihrem Verlauf werden die drei hl.Öle geweiht: das Chrisam, das Krankenöl und das Katechumenenöl. Das Chrisam wird verwendet bei der sakramentalen Eingliederung in die Kirche (siehe Nr.257 und 261), bei der Bischofs- und Priesterweihe (siehe Nr.270 und 271), bei der Kirch-, Altar- und Glockenweihe; das Krankenöl bei der Krankensalbung (siehe Nr.269); das Katechumenenöl bei der Salbung vor der Taufe (siehe Nr.257 und 261).

Dieser Chrisam-Messe geht eine Bussfeier voraus, welche die vierzigtä­gige Vorbereitungszeit auf Ostern abschliesst: Auf die Ermächtigung Jesu hin (Joh 20,23; vgl. Mt 16,19; 18,18) spricht der Bischof den Mitfeiernden die Vergebung Gottes zu, die dann seine Mitarbeiter im priesterlichen Dienst am Abend an ihre Gemeinden weitergeben.

Am Abend wird in den Pfarrgemeinden ein Gottesdienst gefeiert, der mit derselben Bussfeier beginnt, wie sie in der bischöflichen Liturgie am Morgen gehalten wurde. Nach der Lossprechung könnte die Dreitägige Osterfeier beginnen, deren Höhepunkt die Eucharistiefeier in der Osternacht ist; diese schliesst ja das Gedächtnis der Hingabe des Leibes und Blutes Jesu in seinem Sterben am Kreuz ein. Aber es ist ein alter Brauch, schon vorher eine Messe direkt zum Gedächtnis der Einsetzung der Eucharistie beim Letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern zu feiern. Die ist die Abendmahl-Messe. Möglich wäre es auch, den Ritus der Fusswaschung, das Zeichen der dienenden Liebe Jesu (Joh 13,1–17), sinnvoll zu erneuern.

Abendmahl-Messe

Nach der Kommunion der Abendmahl-Messe wird der Tabernakel geleert, das dort aufbewahrte geheiligte Brot – für allfällige Krankenkommunionen – im Ziborium hinausgetragen und das Ewige Licht gelöscht. Ferner werden der Altar von Kreuz, Kerzen, Decken und anderem Schmuck «entblösst», Taufstein und Weihwasserbecken geleert. Es sollen also die Kirche und besonders der Altarraum für den Beginn der Dreitägigen Osterfeier möglichst kahl wirken sowie gesegnetes Wasser und Brot als Zeichen für Taufe und Eucharistie bis zur Osternacht fehlen. Zum Hinaustragen des Ziboriums wird am besten das Lied Nr.639 gesungen. Dazu erklingen die Glocken und die Orgel zum letzten Mal und schweigen danach, bis die Glocken wieder zur Lesung des Osterevangeliums in der Osternachtfeier läuten und festliches Orgelspiel beim abschliessenden Lied «Christ ist erstanden» (Nr.659 oder 668) wieder erklingt.