Begegnung zwischen Religionen fördern

Zusammenleben in einer kulturell und religiös vielfältigen Gesellschaft ist nicht immer einfach und ohne Dialog und Kenntnisse der jeweils anderen Religion schwierig. Die Doktorandin Miriam Schneider beschäftigt sich mit dem interreligiösen Dialog – in der Theorie, aber auch ganz praktisch.

Miriam Schneider, Sie sind Beauftragte für interreligiöse Fragestellungen der Christkatholischen Kirche. Um was für eine Art «Job» handelt es sich dabei?

Ich arbeite auf drei Ebenen: Erstens innerhalb der Christkatholischen Kirche in der Kommission für Erwachsenenbildung und Religionsunterricht, wo ich als Fachperson für interreligiöse Fragen mithelfe, den Blick auf andere Religionen im Lehrplan für den Religionsunterricht und in Projekten der Erwachsenenbildung zu verankern. Zweitens vertrete ich die Christkatholische Kirche im Arbeitskreis Religion Migration, einer ökumenischen Arbeitsgruppe der Berner Landeskirchen. Drittens arbeite ich in der interreligiösen Projektgruppe Glaube und Flüchtlingsschutz mit.

Können Sie uns einige Beispiele für konkrete Projekte nennen, an denen Sie beteiligt waren?

Der Arbeitskreis Religion Migration – abgekürzt AKRM – hat «Zehn Sätze zum Zusammenleben in der multireligiösen Gesellschaft» erarbeitet, die weit über den Kanton Bern und über die Schweiz hinaus ein grosser Erfolg sind. Das Merkblatt mit den Sätzen wird oft bestellt, es liegt auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch gedruckt vor, und auf Rätoromanisch als Datei im Internet. Ein anderes Projekt heisst «Leselust»: Dies ist einerseits eine Broschüre, in der zehn Romane zu Migration und Integration vorgestellt werden, andererseits eine Veranstaltungsreihe, die Lust aufs Lesen solcher Geschichten machen soll. Ein weiteres Projekt des AKRM richtet sich eher an Fachpersonen: Die Broschüre «Christlich-Muslimische Trauerfälle – eine Handreichung für die christliche Seelsorge» ist Ende 2017 erschienen. Es gibt immer mehr bireligiöse Ehen und Familien, so dass Seelsorgende bei Todesfällen mit Angehörigen anderer Religionen konfrontiert werden. Ihnen wollen die Seelsorgenden bei der Abdankung auch gerecht werden. Ähnlich verhält es sich mit der Spitalseelsorge. Die Broschüre bietet hier hilfreiche Information.

Seit wann erfüllen Sie diese Aufgaben und wer hat Sie damit beauftragt?

Bischof und Synodalrat haben mich im Frühling 2017 zur Beauftragten für interreligiöse Fragestellungen ernannt, aber einige der Aufgaben hatte ich bereits davor wahrgenommen. So bin ich schon seit 2014 Mitglied des AKRM. Da die anderen Kirchen dafür Teilzeitstellen mit einem Arbeitspensum von 50% und mehr einsetzen, erwies sich diese Arbeit bald als sehr aufwendig. Sie ist aber auch für die Christkatholische Kirche wichtig – und zwar über den Kanton Bern hinaus. Deswegen hat sich die Kommission für Erwachsenenbildung und Religionsunterricht der Christkatholischen Kirche – ab-gekürzt KERU – dafür eingesetzt, dass ich eine kleine Anstellung im Umfang von 80 Stunden pro Jahr mit einer Pauschalentschädigung bekomme. Gleichzeitig hat die KERU meine Aufgaben auch auf innerkirchliche Bildungsarbeit zu interreligiösen Themen erweitert. Daher sind meine Aufgaben auch der Fachstelle Bildung der Christkatholischen Kirche der Schweiz zugeordnet.

Stehen Sie auch den christkatholischen Gemeinden zur Verfügung, zum Beispiel für Vorträge?

Ja, ich wurde auch schon von Gemeinden eingeladen. Zum Beispiel zu den Themen «Dialog mit dem Islam in der Schweiz» und «Symbole und ihre Bedeutung in verschiedenen Religionen». Auch an der Pastoralkonferenz habe ich 2017 einen Vortrag gehalten.

Reichen denn 80 Stunden pro Jahr dafür?

Nein. Für Vorträge in Gemeinden werde ich gesondert entschädigt und einen guten Teil meiner Arbeit leiste ich ehrenamtlich, zum Beispiel die Mitarbeit in der interreligiösen Gruppe «Glaube und Flüchtlingsschutz».

Was ist das Ziel des Ganzen?

Nach innen die Sensibilisierung für interreligiöse Fragen in der Christkatholischen Kirche. Nach aussen die Förderung von Begegnungen zwischen den Religionen und die Öffentlichkeitsarbeit. Wichtig ist auch, dass sich die Christkatholische Kirche an interreligiösen Projekten beteiligt: Die Beziehungen zwischen den Religionen und ihren Gläubigen ist ein gesellschaftlich hochaktuelles und relevantes Thema, hier soll die Christkatholische Kirche ihre eigene Expertise einbringen. Andernfalls würde sie sich aus einem wichtigen Diskussionsfeld verabschieden, das doch ihr Kerngeschäft – den Glauben – betrifft.

Wie soll dieses Ziel erreicht werden?

Die Auseinandersetzung mit interreligiösen Fragen muss auf verschiedenen Ebenen geschehen – lokal genauso wie national und international, spirituell genauso wie gesellschaftspolitisch und theologisch. Als Beauftragte für interreligiöse Fragestellungen kann ich nur einen kleinen Teil der nötigen Arbeit leisten. Ich hoffe aber, dass durch meine Arbeit das Thema in der Christkatholischen Kirche präsent bleibt, dass es im Leben und Handeln der Kirche Wirkungen zeigt, bis in den Alltag der Menschen hinein, die ja heute immer mehr mit anderen Religionen in Berührung kommen.

Wie erfährt die christkatholische Öffentlichkeit mehr über Ihre Arbeit?

Am einfachsten über die Website www.christkatholisch.ch/interreligioes – sie wird von mir betreut. Dort können alle genannten Dokumente heruntergeladen werden. Auch im «Christkatholisch» habe ich in der Vergangenheit schon geschrieben, und es werden auch in Zukunft Beiträge von mir zu lesen sein. Und natürlich freue ich mich, wenn Ihre Gemeinde mich zu einem Vortrag einlädt.

Miriam Schneider gehört der christkatholischen Kirchgemeinde Bern an und hat an der Universität Bern Interreligiöse Studien mit Nebenfach Theologie studiert. Zurzeit ist sie Doktorandin an der Universität Basel und untersucht in ihrer Doktorarbeit unterschiedliche Modelle von Begegnungen zwischen den Religionen. Das Gespräch führte Pfr. Dr. Adrian Suter.