Montags trifft man ihn bei der Werkhof-Sammelstelle

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch für den Bischof der Christkatholischen Kirche ist sie ein Thema. Pfarrerin Antje Kirchhofer hat mit ihm darüber gesprochen.

Antje Kirchhofer: Nachhaltigkeit kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden – ökologisch, ökonomisch und sozial. Die Kommission «Nachhaltiges Bistum» befasst sich bisher vor allem mit den ökologischen Fragen. Welchen Stellenwert hat die Nachhaltigkeit in Ihrem Alltag als Bischof?

Bischof Harald Rein: Wenn man etwas Grosses bewegen will, muss man grundsätzlich im Kleinen, im Alltag beginnen. Im Bischöflichen Haus am Willadingweg haben wir zum Beispiel jetzt einen eigenen Container für Papier und Karton. Wir versuchen Müll wo es geht zu vermeiden und den nicht vermeidbaren Müll ökologisch sinnvoll der Verwertung zuzuführen. Ein anderes Beispiel ist, dass ich seit 2017, wo immer es zeitlich und räumlich möglich ist, den öffentichen Verkehr benutze oder zu Fuss gehe.

Sie praktizieren damit ganz alltägliche Dinge, die jeder umsetzen könnte.

Ja, das mache ich im beruflichen und im privaten Bereich. Für mich ist es tatsächlich ein alltägliches Thema. Meine Frau und ich teilen uns die Hausarbeit. Und an meinem freien Tag, dem Montag, gehe ich regelmässig zur Sammelstelle des Werkhofs in Kloten, um unseren Müll fachgerecht zu entsorgen. Dabei ergeben sich auch gute Gespräche mit Nachbarn, Kirchenmitgliedern über dieses Thema.

Mit den kleinen Schritten muss man beginnen. Haben Sie auch Visionen, was mittel- oder langfristig umgesetzt werden könnte?

Wenn man Nachhaltigkeit über den ökologischen Aspekt hinaus versteht, könnte man sie als Weg in die enkel-gerechte oder auch generationen-gerechte Zukunft verstehen. Bei allem was wir tun, sollten wir mit der Schöpfung so umgehen, dass wir sie unversehrt an die nächste Generation weitergeben damit diese selbst auch genügend Spielraum hat, die Schöpfung in ihrer Zeit so zu gestalten wie sie es für richtig hält. Als Kirche müssen wir zum Beispiel unsere Liegenschaften so bewirtschaften, dass es ökologisch nachhaltig ist.

Sie haben das Stichwort Schöpfung genannt. An den verschiedensten Orten wird heute von Nachhaltigkeit gesprochen: in der Wirtschaft, in der Politik, längst nicht mehr nur bei den Umweltverbänden. Die Bewahrung der Schöpfung ist aber ein uralter biblischer Auftrag, der sich an alle Menschen – speziell an die Kirchen und damit auch an die Christkatholische Kirche – richtet. Welche Ideen haben Sie, wie die Christkatholische Kirche heute mit dieser Herausforderung umgehen könnte?

Es gibt da natürlich verschiedene Ebenen. Eine Ebene ist zunächst einmal die Bewusstseinsbildung. Sehr vielen Menschen sind diese Probleme schon bewusst, anderen aber noch nicht. Wir können beispielsweise durch die Einführung der Schöpfungszeit in unserer Liturgie und zum Beispiel auch im Kontext von Erntedankgottesdiensten oder im Religionsunterricht und in der Erwachsenenbildung für dieses Thema sensibilisieren. Dabei sollten wir an die Eigenverantwortung des Einzelnen appelieren. Jeder kann in kleinen Schritten Sachen realisieren und umsetzen! Auch die Kirche als Organisation, Kirchgemeinde oder Bistum ist gefragt, ökologisches Bewusstsein vorzuleben, zum Beispiel indem bei kirchlichen Anlässen auf Einweggeschirr verzichtet wird.

Gibt es etwas, das Sie als Bischof bei Ihrer Amtsausübung änderen möchten, für das Sie aber die Unterstützung des Bistums brauchen?

Ja, aber das lässt sich in unserer Situation als religiöse Minderheit nur schwer umsetzen – nämlich weniger zu reisen und mich mehr für Kirche am Ort einzusetzen. Man muss das grundsätzliche Problem auch sehen: Nach altkirchlichem Verständnis sollten alle Christen an einem Ort zu einer Kirche gehören. So könnte jede Christin und jeder Christ am Sonntag zu Fuss in die nächstgelegene Kirche gehen. Unsere Situation ist dagegen so, dass es in den Grossstädten sehr viele verschiedene Konfessionen gibt und die Leute mit dem Auto oder dem ÖV zum Gottesdienst fahren. Auch unter diesem Aspekt wäre mehr Einheit unter den Christen sehr wünschenswert!

Als Bischof müssen Sie viel reisen, auch mit dem Flugzeug. Und fliegen belastet das Klima sehr stark.

Innerhalb Europas versuche ich, wenn es zeitlich möglich ist, mit dem Zug zu reisen. Aussereuropäisch ist es natürlich nicht möglich, zum Beispiel mit dem Schiff in die USA dauert einfach zu lange. Es wird also immer eine Inkonsequenz bleiben.

Für diese notwendigen Flüge liessen sich die Umweltbelastungen zum Beispiel mit CO2-Kompensationen ausgleichen.

Das sollte man sogar grundsätzlicher betrachten. Ich bin der Meinung, dass reisen mit dem ÖV – und insbesondere das Fliegen – viel zu billig sind und es eine Kostenwahrheit geben sollte. Die Leute müssen realisieren, dass das Fliegen, wenn man es richtig berechnet, mehr kostet als es heute aussieht. Wenn die Kirche möchte, dass ich oder ein anderer Vertreter zu einer Konferenz nach Übersee fliege, müsste die Kirche diese tatsächlichen Kosten in ihr Budget aufnehmen!

Gibt es etwas, das Sie als Bischof den Gemeinden und den Leserinnen und Lesern mitgeben möchten?

Mir ist es wichtig, dass wir innerhalb der Kirche bei allem was wir tun, veranstalten oder bauen, auf Nachhaltigkeit achten, auch wenn es im ersten Moment nicht die billigste Lösung ist.

Pfrn. Antje Kirchhofer