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«Die Kirche und das liebe Geld»

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Kirchenpflegetagung der christkatholischen Landeskirche des Kantons Aargau

Unter diesem Motto trafen sich 20 interessierte Mitglieder aus den Aargauer Kirchgemeinden zur diesjährigen Kirchenpflegetagung am Samstag, 2. November 2024, im Kirchgemeindehaus in Möhlin.

Die Anregung sich eingehender mit den Finanzen auf der Ebene Landeskirche und in den Kirchgemeinden zu befassen war von entsprechenden Voten in der letzten Kantonalsynode in Aarau ausgegangen. Ziel war es gemeinsam zu überlegen, wie wir in Zukunft mit der knappen Ressource Geld umgehen wollen, können und müssen.

Das Programm startete mit einer Begrüssung und Erläuterung der Zielsetzung durch den Kirchenratspräsidenten Ernst Blust.

Zur Einführung hat dann Maria Kym, Finanzverwalterin des Kirchenrats, die gültigen Finanzrichtlinien vorgestellt. Der Kirchenrat nutzt diese um Finanzgesuche aus den Aargauer Kirchgemeinden einheitlich zu beurteilen um eine Empfehlung zu Handen der Kantonalsynode auszusprechen. Die Richtlinien werden alle drei Jahre überprüft und, wenn nötig, angepasst. Sie unterliegen der Genehmigung durch die Kantonalsynode.

Im Impulsreferat von Eric Scherer, Präsident der Finanzkommission der Kirchgemeinde Aarau, präsentierte er die Prinzipien für den Umgang mit Finanzen in Non-Profit-Organisationen (NPOs) basierend auf den Kernaufgaben einer Kirchgemeinde (religiöse Dienste, Gemeindearbeit, Diakonie, soziale Dienste). Das Finanzziel einer NPO ist die schwarze Null; allerdings müssen für Investitionen z. B. für Immobilien (u.a.m.) trotzdem gewisse Erträge erwirtschaftet werden, um das Vermögen zu erhalten. Es gilt zu unterscheiden zwischen Investitionskosten und laufenden Kosten. Die Investitionskosten sind oft an Subventionen gebunden und bei den laufenden Kosten gilt es keine Verluste zu machen. Die Diskussion verlief v. a., um den Begriff “Substanzverzehr” und wie dieser in den Griff zu bekommen wäre, damit ein Haushalt kontinuierlich im Lot bleibt. Die Argumente können im Detail auf den entsprechenden Folien nachvollzogen werden. Die Präsentationen von Eric Scherer und Stefan Feldhaus können bei Bedarf beim Kirchenrat angefordert werden.

Pfr. Stefan Feldhaus hat im seinem Impulsreferat die theoretischen Erwägungen des Vorredners in den praktischen Kontext aufgenommen. Anhand des Projektes Zusammenschluss der Fricktaler Kirchgemeinden zeigte er auf, wo investiert und wo optimiert wird. Insbesondere hob er Investitionen in Personal (Geistliche wie auch Organisten) hervor um Angebote attraktiv zu gestalten. Auf der anderen Seite weist er auch auf die zu vielen Steine (Kirchen und Liegenschaften) hin.

Stephan Feldhaus zeigte in seinem Referat die Kostenfaktoren wie Personal, Angebote, Verwaltung, Liegenschaften und Marketing auf, die in einer gegenseitigen Abhängigkeit stehen. Gegenüber stehen die Einnahmen aus Steuererträgen, Spenden, Legate und Stiftungen sowie externe Mittel aus Partnerschaften.

Sie müssen auch als “Ertragsfaktoren” betrachtet und behandelt werden, um aus dem Teufelskreis der reinen Kostenberechnungen auszubrechen.

Die anschliessende Diskussion verschob sich von den finanziellen Aspekten, die kaum im Detail behandelt wurden, auf die Ebene einer Wertediskussion. Denn das Hauptziel des Ressourceneinsatzes ist ja die Steigerung der Sichtbarkeit der Kirche, ihrer Menschen und Aktivitäten. Diese Frage sei unmittelbar verbunden mit unserer Mission, die gesellschaftliche Relevanz des Christkatholizismus zu kommunizieren, denn die meisten Leute wüssten gar nicht, dass es uns gibt.

Es brauche mehr proaktives Marketing für die Christkatholische Kirche!

Damit wurden ein paar Baustellen geöffnet, die es nun auch ausserhalb der Finanzthemen zu bewirtschaften gilt:

  1. Die Kommunikation im Bistum muss verbessert werden, insbesondere sind gewisse Themensetzungen im neuen “christkatholisch” sowie das Konzept der Webpräsenz zu überdenken; es braucht einen “Kommunikationsverantwortlichen” auf Bistumsebene.
  2. Das Marketing sollte die Sichtbarkeit der Kirche erhöhen und durch Kommunikation stärker auf die heutigen Möglichkeiten eines fortschrittlichen Katholizismus ohne Rom verweisen; dabei sollten Pseudotrends wie “Social Media” vermieden werden.
  3. Die fixen Posten der Zentralbeiträge und an die kantonale. Landeskirche sind in der Höhe zu hinterfragen; sie stellen eine überdurchschnittliche Belastung der Budgets dar.
  4. Es braucht weitere Synergien durch externe Partnerschaften und Plattformen (Vernetzung in der Ökumene stärken und fördern).
  5. Die gegenwärtige Liturgie ist überholt und es sollte möglich sein, Gottesdienste freier und niederschwelliger zu gestalten, damit neue Leute und potenzielle Mitglieder nicht grade abgeschreckt werden, wie es z. T. aus Gemeinden berichtet wurde.
  6. Der Kirchenratspräsident schlug vor z. B. im Aargau im römisch-katholischen Bildungszentrum Wislikofen eine öffentliche Tagung / Veranstaltung über die Sichtbarmachung des Christkatholizismus durchzuführen (Zielpublikum: Interessierte an einem anderen Katholizismus).
  7. Die geplante Jubiläumsbroschüre für 150 Jahre Christkatholische Kirche im Aargau (2026) sollte zu einer “Aufbruchsbroschüre” gemacht werden

Fazit:

Ein vernünftiger Finanzhaushalt in kirchlichen Organisationen ist abhängig von Voraussetzungen und Bedingungen einer Non-Profit-Organisation (NPO). Diese richten sich primär nach nicht-materiellen Werten wie Sinnhaftigkeit und Attraktivität von religiösen und spirituellen Angeboten. Das HAUPTZIEL ist dabei eine optimierte Sichtbarkeit der Christkatholischen Kirche als öffentlich-rechtliche Institution in der Schweiz.

Die Kommunikation über die Existenz einer Christkatholischen Kirche an sich mit ihren entsprechenden Werten bildet dabei ein Schlüsselelement.

Ein Teilnehmer gab zu bedenken, dass die gemachten Ideen und Vorschläge sicher Erkenntnisse bringen, aber es sei nun angebracht, vom üblichen Imperativ (wir müssen) und vom Konjunktiv (wir müssten) Abstand zu nehmen und konkret zu handeln.

In diesem Sinne wäre der erste Schritt auf Bistumsebene eine “Tagung” mit allen Kommunikationsverantwortlichen der Kirchgemeinden anzuregen (Antrag Nationalsynode 25), um dann innerhalb der Vorschlagsliste Prioritäten zu setzen, denn zu viele Baustellen gleichzeitig können schlecht gemeistert werden.

Im Anschluss an die anregende Tagung gabs einen Mittagsimbiss im Kirchgemeindesaal. Der Dank geht an Maria Kym für die Organisation der Tagung und an den Gastgeber, die Kirchgemeinde Möhlin.

Jürg Hagmann