Hunger

Ich stand mit meinen Einkäufen für die OffenBar am Barfüsserplatz und wartete aufs Tram, als mich ein junger Mann in zerlumpten Kleidern und total ausgetretenen Flipflops um etwas Geld anbettelte. Nun, diese Szene ist schon fast alltäglich und spielt sich so in Basel und wohl in jeder beliebigen Stadt ab. Ich hatte einen prallgefüllten Einkaufswagen mit, er nur das, was er am Leib trug. Ich gab ihm zwei Franken, wofür er sich artig bedankte und gleich zum nächsten der Wartenden wechselte.

Er wurde nicht abgewiesen, der gutgekleidete Mann, etwa Mitte fünfzig schien ein intensives Gespräch mit ihm zu führen und ich hörte von ihm nur einmal die deutliche Frage «hän Si Hunger?». Der Jüngere nickte und darauf zeigte der Ältere auf das gegenüberliegende Restaurant «Zum braunen Mutz» und schritt gleich los. Der Jüngere folgte ihm ein paar Schritte, blieb dann aber unvermittelt stehen, bis der andere ihm ein energisches Zeichen gab, ihm doch zu folgen. Ich sah die beiden dann im «braunen Mutz» verschwinden und stellte gerührt fest, dass der Herr im guten Anzug den zerlumpten Jüngling wohl zum Essen eingeladen hatte.

Das alles hat sich in wenigen Minuten abgespielt und als ich dann mit meinen Einkäufen ins Tram stieg, fragte ich mich, ob ich das auch tun würde, wenn ich die Zeit dazu hätte oder ob ich sie mir dafür überhaupt nehmen würde, ja wär mir der Preis dafür nicht zu hoch? Wie geht es Ihnen dabei?

Alois Schmelzer