Richtig nett…

Wir sind das ja gewohnt. Wenn wir uns treffen, dann grüssen wir nett. «Guete Tag», oder «Güet Tag wohl» sollen dem Gegenüber einen freundlichen Gruss bedeuten. Doch was genau geht uns durch den Kopf, wenn wir uns dieserart grüssen? Vielleicht wollen wir dem anderen mit einer frohen Einschätzung begegnen: Dies ist ein guter Tag… nicht wahr? Mittels Entgegnung derselben Grussformel bezeugen wir, dass wir einer Meinung sind. Diese Interpretation birgt allerdings die Gefahr einer ungewollten Suggestion. Was nämlich, wenn unser Gegenüber den Tag nicht ganz so optimistisch beurteilt? Entgegnet es dann «Naja», oder «geht so»? Vielleicht ist auch die Bedeutung der Grussformel eher die, einander einen guten Tag zu wünschen?

Denkbar wäre dies, schliesslich würde es eine dezidiert nett gefärbte Absicht der Grüssenden bezeugen. Nur… wieso erwähnen wir dann diese zu Beginn einer Begegnung, nicht an deren Ende? Da beim Vorbeigehen zweier Menschen Beginn und Ende einer Begegnung faktisch aufeinander fallen, wäre diese Absicht ja plausibel. Hm… Um solcherlei Begegnungs-verzögernden Überlegungen auszuweichen, begegnen sich einige unserer Nachbarn schlicht mit «San’s g’riesst». Den Inhalt des Grusses indes erwähnen sie gar nicht erst. Entscheidend ist also wohl, dass überhaupt gegrüsst wird. Und das ist eigentlich… richtig nett.

Daniel Pfenning