Wandel

Ich war wieder in Mürren, wie immer während der Laufenburger Fasnacht. Zwei Dinge fielen mir dort besonders auf: erstens kaum Asiaten, die sich fotografierend durch den Ort bewegen, um sich dann bei der Schilthornbahn in die Warteschlange zu stellen. Zweitens sehr wenig Schnee für Februar.

Die Sonne schien warm, ich geriet ins Schwitzen bei meiner Wanderung auf die Schiltalp. Als ich mich auf die Bank vor der Alphütte setzte, tropfte nicht nur der Schweiss von meiner Stirn, sondern auch das Tauwasser vom Dach. Ich genoss es, in die Sonne zu blinzeln. Doch wenn ich die Berge und Gletscher betrachtete, wurde mir schmerzlich bewusst, was hier Klimawandel bedeutet. Wie die Natur längerfristig auf schneearme Winter reagiert, kann ich schlecht ermessen. Aber die wirtschaftlichen Folgen zeichnen sich schnell ab. Die Kosten fürs Beschneien der Pisten steigen stetig und wenn die Nachttemperaturen über 0 °C liegen, fällt auch das aus. Keine Pisten heisst aber auch kein Wintersport, kein Wintertourismus, von dem der Ort zur Hauptsache lebt. Der Sommer reicht nicht aus und der
tauende Permafrost verursacht Steinschläge: Bergtouren werden zu gefährlichen Unternehmungen.

Dass überdies ein Virus abertausende Menschen am Reisen hindert, zeigt deutlich auf, wie fragil unser System ist. Das alles geht mir durch den Kopf bei wunderschönem Sonnenschein. Auf einer Winteralp auf über 1900 m ü. M., weit weg von den Menschen, aber ganz nah beiden Problemen.

Alois Schmelzer