50 Jahre alt und aktuell wie selten zuvor

Glaube in der 2. Welt (G2W)

Ein ukrainisches Künstlerehepaar hat im Krieg Bretter von Munitionskisten gesammelt und darauf Ikonen geschrieben.
Foto: Zvg

Vor 50 Jahren wurde das Institut G2W – Ökumenisches Forum gegründet. Es hat sich in dieser Zeit immer wieder gewandelt und auf die neuen politischen und religiösen Gegebenheiten in Ost und West reagiert.

Als ich im Januar 2022 für die Christkatholische Kirche Einsitz nahm im Vorstand des Institutes G2W, ahnte ich nicht, was am 24. Februar 2022 passierte und in welchem Masse das die Arbeit von G2W herausforderte und natürlich auch heute noch herausfordert.

Blicken wir aber zuerst kurz zurück: Im Jahr 1972 setzten sich Vertreter verschiedener Kirchen in der Schweiz dafür ein, ein Institut ins Leben zu rufen, das mit Expertenwissen und menschlichem Engagement Verbindungen schafft zu – mehrheitlich orthodoxen – Kirchen im Bereich des damaligen Ostblocks. Vor allem wollte man die Öffentlichkeit über die schwierigen Existenzbedingungen der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften unter der kommunistischen Herrschaft informieren.

Am 10. September 2022 konnte in Chur mit einem Festakt das fünfzigjährige Bestehen des Instituts G2W begangen werden.

Nach dem Fall des «Eisernen Vorhangs» Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erlangten die Kirchen in den Ländern des Warschauer Paktes Freiheiten in ihrem religiösen Leben. Dadurch wandelte sich natürlich der Auftrag von G2W. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit traten drei Anliegen in den Vordergrund: 1.  Die Information über aktuelle Entwicklungen in Osteuropa bleibt wichtig; 2.  Es kam die Unterstützung sozialer Projekte vor Ort hinzu; 3.  Mehr und mehr gewann die Beratung in Fragen zum Neben- und Miteinander der Religionskulturen in Europa an Bedeutung.

Hinter allen Aktivitäten von G2W steht das Anliegen, zum friedlichen, freiheitlichen und gerechten Zusammenleben aller Menschen einen Beitrag zu leisten («Unsere Vision»).

Möglichst gute Information ist seit dem Ausbruch des Krieges, den die Russische Föderation in die Ukraine getragen hat, besonders wichtig. Dadurch, dass das Institut G2W über ein grosses und vielfältiges Netzwerk an Fachpersonen und InformandInnen in Ost und West verfügt, kann es dem seit März 2022 immens angestiegenen Bedürfnis nach fachlich fundierten Auskünften gerecht werden. Institutsleiter Stefan Kube und seine Mitarbeiterinnen im Institut haben unzählige Überstunden angehäuft, um Interviews zu geben und an verschiedenen Informationsveranstaltungen, Podiumsdiskussionen etc. teilzunehmen und ihr Wissen weiterzugeben. Zwei Informationskanäle seien hervorgehoben: 1.  Die Monatszeitschrift «Religion und Gesellschaft in Ost und West»; 2.  Das Internetportal NÖK, das jeweils aktuell über die neuesten Entwicklungen berichtet.

Dabei ist es für G2W wichtig, zwar klar die russische Aggression in der Ukraine zu verurteilen («Wir engagieren uns für die Achtung der Menschenrechte» heisst es im Papier «Unsere Mission»), aber auch den Kontakt zu Menschen und Mitarbeitenden in sozialen Projekten in Russland und deren Unterstützung aufrecht zu erhalten. Näheres kann hier nicht ausgeführt werden, um Menschen in Russland, mit denen wir von G2W aus Kontakt haben, nicht in Gefahr zu bringen.

Natürlich steht heute die Hilfe für Menschen in der Ukraine im Vordergrund des oben genannten 2. Anliegens von G2W. Einen bescheidenen Beitrag konnte ich selbst durch meine kulturellen und (von der Zeit meiner Mitarbeit beim Europarat her existierenden) politischen Kontakte in der Ukraine leisten.

Leben auf den Tod malen –Ikonen auf Munitionskisten

In der Schweiz ist G2W aktuell unter anderem dadurch aktiv, dass es in verschiedenen Orten eine ganz spezielle Ausstellung gibt, die von G2W initiiert worden ist und getragen wird: Leben auf den Tod malen. Ikonen auf Munitionskisten.

Ein ukrainisches Künstlerehepaar hat im Krieg Bretter von Munitionskisten gesammelt und darauf Ikonen geschrieben. Sie sollen ein Zeichen dafür sein, dass das Leben stärker ist als der Tod. Und sie sollen der Hoffnung auf Frieden Ausdruck verleihen. Die Ausstellung war in der Offenen Kirche Elisabethen Basel bis zum 3. Januar 2023 zu sehen. Danach «wandert» sie nach Zürich (6. 1. 2023–20. 2. 2012 im Viadukt) und nach Ilanz (20. 2. 2023–15. 3. 2023 im Kloster der Dominikanerinnen). Weitere Ausstellungsorte sind geplant.

Es ist ein Privileg für mich, im Vorstand von G2W nahe am Geschehen in und um die Kirchen «im Osten», im Moment vor allem nahe an den Vorgängen in der Ukraine und in Russland sein zu können. Wenn nach dem Fall des «Eisernen Vorhangs» hier und da gesagt wurde, dass G2W nun überflüssig geworden sei, spricht heute natürlich niemand mehr davon. Denn fundierte Information – anstelle von fake news – ist nötiger denn je – neben tatkräftiger Hilfe in der Situation unsäglicher menschlicher Not, die durch den Krieg verursacht ist.

Klaus Wloemer