Quer im Weg. Vom geistlichen Sinn der Hindernisse

Schüler des Meisters Gislebertus (12. Jahrhundert): Ein Engel hindert den Weg von Bileam und seiner Eselin (Saulieu, Basilika Sankt Andochius, Kapitell des zweiten Pfeilers im
Nordschiff). Bild: Karin Schaub

Wenig bekannt. Selten gelesen.
Die Geschichte von Bileam,
dessen Leben an Barriere neu reift.

Ein Prophet.
Begabt. Arrogant und bestechlich.
Gottes Volk will er gegen Lohn
mit Flüchen bedecken.
Das Göttliche hemmen,
betrüben, vernichten.

Da. Er zieht los
seine Flüche zu sprechen,
das Volk zu verderben.
Spirituelle Eigensucht,
nicht selten und oft hochgelobt.
Zum Schaden der anderen.

Und doch:
Ein Engel mitten im Wege,
das Unheil zu hemmen.
Himmlisches Wesen,
das neue Wege
fordert und weist.

Das Lasttier, die Eselin,
erkennt den göttlichen Boten.
Stockt. Streikt. Widersteht.
Herrisch schlägt, prügelt, peitscht Bileam
das Tier, das klug-langmütige, bis es spricht:
«Warum tust Du mir Unrecht?»

Urplötzlich eröffnen sich Bileam
die Räume des göttlichen Wollens.
Das gerade noch Hinderliche
erweist sich als Heil.
Blockade und Widerstand
werden zur Brücke des Neuen.

Engel stehen manchmal im Wege!
Manchmal spricht das Lasttier in uns!
Hindernisse entfalten das Herz.


Michael Bangert