Vom Glück des Abschieds

Foto: Michael Bangert

Noch einmal.
Das Blau des Sommerhimmels.
Dann los!
Fliegen, Schweben, Gleiten.
Zurück zur Muttererde.

Wer sagt denn,
dass der Abschied traurig sei?
Dass das Blatt
kummervoll verneinend
niedersinkt?

Der Sommer ist
lustvoll durchlebt.
Die heisse Sonne.
Die Hitze.
Die Reife der Trauben.

Die Blätter kennen
den zärtlichen Frühling
mit seinen frostkalten Nächten.
Gewachsen sind sie.
Strebend und schön.

Die Zeit hat sich ins Blatt gefressen.
Wie die Käfer.
Und der bräunende Pilz.
Doch die Lebenszeit neigt sich
in strahlendem Herbstlicht.

Längst ist die Ernte vorbei.
Die Trauben gekeltert.
Alle Arbeit getan.
Das Grün ist gewandelt in Gold.
Welch farbiger Abschied.

Da wächst in der Achsel der Stiele
klein, keck, kühn
die Knospe des kommenden Jahres.
Das Leben ist stark.
Es überlebt jeden Winter.

Loslassen.
Taumelnd im Selbstvergessen.
Ein Abschied in Schönheit.
Voll Glück.

Pfarrer PD Dr. Michael Bangert