Mariae Entschlafen

Evangelium am Tag Mariae Entschlafen Lk 1, 42: Gesegnet bist du mehr als andere Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.

Der 15. August war ein wichtiger römischer Feiertag, an dem die Kaiser ihrer Siege gedachten. Ein Bischof in Alexandrien «taufte» im 5. Jahrhundert den Tag und widmete ihn dem Sterben Marias. Im Westen wurde daraus Marias Himmelfahrt, im Osten, später auch im altkatholischen Bereich, heisst der Tag Marias Entschlafen.

Über Marias Tod steht nichts im Neuen Testament. Unterlagen dazu sind allerhand sog. apokryphe Texte. Vielleicht angetrieben durch den Gedanken: Maria war zwar die «Mutter Gottes», aber sie war ein Mensch, sie lebte und sie verstarb als Mensch. Als Mensch mit aussergewöhnlicher Berufung zwar, aber als Mensch. Damit bleibt sie uns nahe. Bis zu einem gewissen Grad wenigstens. Sicher, da war die Begegnung mit dem Engel. Die mysteriöse Schwangerschaft, das Kind schliesslich, das ihr nicht nur Freude bereitete. Beileibe nicht, beim Gedanken an das Kreuz. Trifft es der Gedanke eines «Verdammtseins zur Gottesnähe»? Weil Gott den Menschen sucht, und dieser nicht anders kann, als sich ihm auszusetzen. Maria ist somit sowohl die Gottsucherin als auch die von Gott Gesuchte. Und das ist wohl kein oder nicht nur ein Leben in Saus und Braus. Es ist ein Ringen, ein ringen müssen um die eigene Mitte, um ein Getragensein in der Vielfalt des Lebens.

Vielleicht ist denn auch Jesus das Bild für diese Gottsuche und dieses von Gott Gesuchtseins. Gott sucht heim und Gott lässt damit auch Neues wachsen. Im Verlauf eines Menschenlebens. Durch Prüfung und Erfüllung. Zur inneren Erstarkung und wachsenden Freiheit. Das gilt exemplarisch für Maria, es gilt aber für jede und jeden für uns. Als Menschen.

Niklaus Reinhart