Pfingsten

So spricht der Herr: ich will Wasser giessen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre. Ich will meinen Geist auf deinen Samen giessen und meinen Segen auf deine Nachkommen, dass sie wachsen sollen wie Gras. Jes. 44

Die Auswirkungen dieser Ansage erleben wir in dieser Zeit quasi hautnah. Dürre auf den Feldern, weil der Regen ausbleibt. Aber einmal kommt er wieder. Welche Wohltat! Und es regnet, tage- und nächtelang, das Land steht unter Wasser, die Saat will nicht wachsen. Ja, man hat vielleicht um Regen gebetet. Aber doch nicht so. Der Vergleich des Heiligen Geistes mit dem Wasser will plötzlich nicht mehr so recht einleuchten. Kann es plötzlich zu viel von ihm geben?

Nun, das vielleicht doch gerade nicht. Aber immerhin: wie macht sich denn Heiliger Geist erfahrbar? Wie können wir seine Gegenwart erleben? Das ist eine sehr heikle Frage. Der oder die Böse wird zuerst einmal überschwemmt, er oder sie muss leiden, weil er/sie ungerecht, oberflächlich, hinterhältig ist. Und dafür wird er/sie bestraft. Der oder die Andere. Aber diese Logik hat Mängel. Es gibt keinen solchen Automatismus, der dann auch am liebsten andere betrifft. Der Heilige Geist ist nicht von aus­sen her sichtbar. Er wirkt, wie ich meine, nur von innen her. Dann, wenn mein eigener Lebensentwurf aus dem Gleichgewicht gerät. Weil der Geist vielleicht eine Blockierung, eine unreife Überzeugung, eine oberflächliche Gewissheit durchbrochen hat. Und dann kann er uns auch leiden lassen. Bildlich: es regnet endlos.

Aber dann, wenn wir uns vor uns selbst quasi nicht verschliessen, besteht nach und nach die Chance des sanfteren, nährenden Regens, der die feinen Gräser wieder wachsen lässt. Er ist zwar wohl immer da, aber er macht sich nur erfahrbar, wenn wir uns ihm öffnen, häufig eben auch im Leiden. Aber dennoch immer wieder als Geschenk.

Niklaus Reinhart