Sprachen

«Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.» (Apg. 2,4)

Nein, nicht nur Galiläer, vielmehr Pilger aus der gesamten bewohnten Welt weilten damals in Jerusalem. Und sie verstanden, was die geisterfüllten Jünger an diesem Pfingsttag sprachen. 

Nun könnte man anführen, nach den Eroberungszügen Alexanders des Grossen und der sogenannten Hellenisierung des Römerreichs sei das Griechische Verkehrssprache gewesen, die alle sprachen und verstanden. So dass das vermeintliche Sprachenwunder bei Licht besehen eigentlich gar keines war. 

Aber zielführend wäre das nicht. Hier geht es wirklich um Erstaunliches, nicht Selbstverständliches, um «Sprache» als Verständigungsmittel in einer anderen Dimension. Darum nämlich, dass jemand etwas sagt, und jemand anderes es versteht. Keineswegs selbstverständlich. Besonders, wenn es um aussergewöhnliche, persönlich erlebte und bewegende Inhalte geht. Da sagt einer beispielsweise: Christus ist auferstanden. Aha. Ja, und jetzt? Was ist denn da geschehen, das ihn zu dieser Aussage bewegt? Was hat er wann und wo erlebt? Und kann das bei jemand anderem so ankommen, dass der oder die begreift: Was jener erlebt hat, könnte am Ende auch für mich gut und heilsam zu wissen sein.  

In Jerusalem jedenfalls haben die Zuhörer/innen offensichtlich begriffen: Was diesen Männern da widerfahren ist, was sie daher jetzt weitersagen müssen – auch wenn es ungewöhnlich sein mag – kann Basis und Baustein auch meines Lebens werden. Meines besseren Lebens. Bei der latenten Gefahr von Missverständnissen immer und überall keine Selbstverständlichkeit. Wir sagen: Es ist der Heilige Geist, der Unverständliches verständlich macht.

Pfarrer emeritus Niklaus Reinhart