Mit Christen und Muslimen?

Frage: Im interreligiösen Dialog sprechen wir über ganz unterschiedliche Dinge: von ganz Alltäglichem bis hin zu komplexen theologischen Fragestellungen. Aber können wir auch gemeinsam religiöse Rituale vollziehen? Können Christinnen und Christen, Musliminnen und Muslime gemeinsam beten? 

Uns verbindet, dass wir Gott im Gebet ehren wollen und dass wir das, was uns bewegt – Dank, Freude, Zweifel, Wut – vor Gott bringen. Uns verbindet, dass wir uns auf Gott einlassen und damit Gott in unserem Leben willkommen heissen. Wir tun dies mit Worten, im Schweigen oder mit dem Körper, im rituellen Gebet in der Gemeinschaft oder im freien Gebet für uns alleine. 

Die meisten Religionen kennen das Gebet als religiöse Praxis. Seine einende Kraft kam zum Beispiel in den Friedensgebeten in Assisi zum Ausdruck, zu denen Papst Johannes Paul II 1986 und 2002 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen einlud. Andererseits schafft die Art und Weise, wie wir beten, welche Worte wir wählen, wie wir Gott ansprechen unsere Identität. Sie macht uns ein Stück weit zu Christinnen und Christen und unterscheidet uns damit von Menschen, die anderen Religionen angehören. 

Gerade im Gebet, im Ansprechen Gottes, zeigt sich wie unterschiedlich unsere Vorstellungen von Gott sind. Wie also können wir gemeinsam Gott anrufen?

Es ist einerseits der Wunsch, Gott zu ehren der uns eint aber auch, das was uns in der Gesellschaft, an der wir gemeinsam teilhaben und die wir gemeinsam gestalten, bewegt.

Im Bewusstsein um die Unterschiede können wir im Dialog untereinander in den Dialog mit Gott treten und versuchen Formen des gemeinsamen Gebets zu finden, wie zum Beispeil beim Dank-, Buss- und Bettag. Gerade das Gebet ist der Ort, an dem wir suchend vor Gott treten können, in der Hoffnung, gemeinsame Worte zu finden. Ein jüdisches Gebet besagt:

«Lasst uns das, was wir teilen,
als gemeinsames Gebet der Menschheit vor dich bringen;
und lass uns das, was uns trennt,
als Zeichen der wunderbaren Freiheit der Menschen ansehen.» 

Miriam Schneider