Orgel der Stadkirche in neuem Glanz

Am 24. September 2019 wurde die im Rahmen der Restaurierung der Stadtkirche Olten ebenfalls revidierte Johann­Nepomuk-Kuhn-Orgel offiziell abgenommen. Anwesend waren Stephan Wioland als Vertreter der ausführenden Orgelbaufirma Kuhn AG, als Vertreter der Christkatholischen Kirchgemeinde Region Olten Roger Lingg, Bauleitung, Pfarrer Kai Fehringer und Hans-Rudolf Binz.

Eine Orgel – und erst recht eine historische Orgel wie jene in der Stadtkirche Olten mit ihren fast 140 Jahren auf dem Buckel – muss regelmässig gepflegt und unterhalten werden. Die Erfahrung zeigt, dass alle zehn bis zwanzig Jahre eine gründliche Revision nötig ist. Ein Grund dafür ist der Staub, der sich langsam aber unaufhaltsam überall ablagert und wie in einer Wohnung von Zeit zu Zeit entfernt werden muss. Nur in den Pfeifen wird er durch das Spielen von selbst weggeblasen.

Der Zahn der Zeit nagt aber ebenso unaufhaltsam an den beweglichen Teilen durch natürliche Abnutzung und Materialermüdung. Und ihrer sind viele: Lassen wir die 42 später eingebauten, pneumatisch angesäuerten Pfeifen ausser Betracht, so sind es 2340 Pfeifen, die über 1836 Kegelventile ihren Wind erhalten. Diese Ventile sind über ein ausgeklügeltes System von Hebeln, drehbaren Wellen, Winkeln und Zugruten (Abstrakten) über mehrere Meter Distanz und Höhe mit den Tasten verbunden. Ausserdem ist eine Maschine mit 54 kleinen Lederbälgen – einer für jede Taste des 1. Manuals – vorhanden, deren Mithilfe die Arbeit der spielenden Finger erleichtert (Barkermaschine).

Die Oltner Orgel wurde 1879/80 durch den Gründer der Firma Kuhn, Johann Nepomuk Kuhn (1827-1888) aus Männedorf, erbaut. Trotz kleinerer Umbauten 1902, 1922 und 1946 blieb das Instrument im Wesentlichen erhalten. Die Orgel ist heute ein seltenes und landesweit bedeutendes Denkmal des Orgelbaus aus der kurzen Epoche der mechanischen Kegellade von etwa 1860-1890, die danach von pneumatisch und elektrisch gesteuerten Systemen abgelöst wurde. Darum beschloss die Christkatholische Kirchgemeinde 1983, von weiteren Umbauten oder gar einem Abbruch abzusehen und die Orgel soweit möglich und sinnvoll in den Originalzustand zurück zu restaurieren. Mit diesen Arbeiten gab die Firma Orgelbau Felsberg AG in Felsberg GR dem Instrument sein romantisches, ursprüngliches Klangbild zurück. Zehn Jahre später reparierte dieselbe Firma einige Trockenheitsschäden, die durch starkes Heizen in einem sehr kalten Winter entstanden waren.

Die nächste Revision wäre also etwa um 2005/2010 nötig geworden, doch schien es wenig sinnvoll, kurz vor der geplanten lnnenrenovation der Stadtkirche die Orgel zu revidieren und auszureinigen.

Die Firma Orgelbau Kuhn AG besorgte die Revision im Sommer und Herbst 2018 in Abstimmung mit dem Bauablauf der lnnenrenovation. Neben den üblichen Reinigungs-, Regulierungs- und lntonationsarbeiten wurde aufgetretener Schimmel bekämpft die Windversorgung (Elektro­ ventilator) verbessert. Eine der aufwendigsten Arbeiten war der Ersatz des Leders der 54 Bälge der Barkermaschine, das durch den mehr als 130-jährigen Gebrauch verschlissen war. Dadurch hat sich die Präzision des Spiels auf dem Haupt-Manual merklich verbessert.

Am Klang sollte grundsätzlich nichts geändert werden. Die Intonationsarbeiten beschränkten sich auf die einwandfreie Funktion und Ansprache jeder Pfeife. Eine derartige Revision ist ein ziemlich starker Eingriff, von dem sich der Organismus Orgel erst wieder «erholen» muss, alles muss sich «wieder setzen». Mit kleineren Störungen im Mechanismus ist daher in der ersten Zeit nach jeder Revision zu rechnen. Von den während des Sommers bis zur Abnahme aufgetretenen konnte der Orgelbauer Stephan Wioland anschliessend an die Übergabe der Orgel alle beheben – bis auf ein Problem, das noch genauerer Abklärung bedarf. Auch in Zukunft sind kleinere Störungen nicht auszuschliessen, denn Holz ist ein lebendiger Baustoff, der auf Umwelteinflüsse (Feuchtigkeit, Temperatur) reagiert, und der Staub wird sich wieder ablagern.

Ein Wartungsvertrag mit der Firma Kuhn gewährleistet den notwendigen periodischen Unterhalt des Instruments, so dass erst in etwa 20 bis 30 Jahren wieder eine grössere Revision fällig wird. Die «alte Dame», die im nächsten Frühling ihren 140. Geburtstag feiern kann, lässt nun wieder uneingeschränkt ihre mächtige, füllige, aber auch feine und zarte Stimme ertönen im Dienst von Gott und den Menschen.

von Hans-Rudolf Binz