Das Comeback des Faschismus

Kriegerische Ereignisse zeigen mangelnde Menschlichkeit auf

Auf der Suche nach Erklärungen für so schreckliche Ereignisse wie Krieg und Terror stossen wir an Grenzen. Was anscheinend jeglicher Vernunft widerspricht, geschieht doch immer wieder. Was lässt Menschen unmenschlich werden?

Liebe Glaubensgeschwister,

Historischer Exkurs

Unter Faschismus versteht man einerseits im engeren Sinne die politische Bewegung unter Benito Mussolini, die in Italien die Herrschaft von 1920 bis 1943 ausübte. Die Bewegung war extrem nationalistisch und antidemokratisch. Weiteres Kennzeichen: Alles war auf die Führergestalt ausgerichtet, den ‘Duce’.

Im Weiteren wurde und wird der Begriff Faschismus aber verwendet für alle weiteren ähnlich gelagerten Bewegungen, worunter der deutsche Nationalsozialismus unter Adolf Hitler hervorsticht. Ironischerweise hatten beide Bewegungen einige Wurzeln im gewerkschaftlich – sozialistischen Bereich. Sie erklärten sich selber zum Sprachrohr der Unterdrückten und hatten damit Erfolg bei der Arbeiterschaft. Es wurden aber auch konservative Kreise erfolgreich einbezogen. Faschistische Politiker passten sich schnell an. Sie holten die finanzstarken Kreise in ihre Reihen und wechselten so von der Rolle der Opposition ins Zentrum der Macht. Die klassische Links–Rechts-Einteilung wurde damit ausser Kraft gesetzt. Sowohl in Italien als auch in Deutschland waren diese Entwicklungen nur machbar dank der Einführung der Diktatur. Zur gleichen Zeit wurde vom einen und einigen Volk fantasiert, während die Menschen mit anderer Meinung unterdrückt und eliminiert wurden.

World peace gong in Kremenchuk, Ukraine. Foto: Lexusuns auf wikimedia, CC BY-SA 3.0

Diktatur

Auf der Suche nach dem Nährboden für die faschistischen Bewegungen stossen wir auf diverse Elemente. Da ist einmal die gesellschaftliche Ungleichheit der Adelsgesellschaft und des Kapitalismus, eine sich immer schneller verändernde Wirtschaft und Technik, eine grosse Bedeutung von Militär und Nationalismus, sowie konkret Unterdrückung und Armut. Mit ihren rhetorischen Fähigkeiten haben Mussolini wie Hitler die Menschen in den Bann gezogen und einen Führerkult etabliert. Die Gleichschaltung der jeweiligen Staaten war aber nicht allein mit rednerischen Mitteln machbar, da waren massive Polizei- und Militäreinsätze notwendig. Das geht nur in einer Diktatur, in welcher die demokratischen Mechanismen bereits ausser Kraft gesetzt worden sind. Man redet auch von totalitären Regimen, weil eine Vielfalt wie in liberalen und demokratischen Ländern nicht mehr möglich ist.

Moralische Massstäbe

Eine Gesellschaft braucht Massstäbe, nach welchen das Leben organisiert werden kann. Diese Regeln können weltlich oder religiös begründet sein, philosophisch oder theologisch, etc. Dabei werden Massstäbe und Gesetze definiert, die von so hohem Rang sind, dass sie allem anderen übergeordnet sind. Das Wesen der Diktatur besteht nun gerade darin, dass Gesetze, Regeln und die moralischen Massstäbe den momentanen Bedürfnissen untergeordnet werden, sodass der Wille der Partei oder des Diktators alles bestimmt.

Mit anderen Worten: Wenn der Wille eines Einzelnen oder einer Gruppe gegen die Mehrheit des Volkes durchgesetzt wird, ist das Diktatur. Das ist nicht nur der Kern des Faschismus, sondern aller Diktaturen, darunter auch des Kommunismus und des Staatskapitalismus wie in der damaligen UdSSR oder heute in Nordkorea und China.

Unmenschliche Dimension

Etwas einfach ausgedrückt ist es grundsätzlich das Zuviel an Macht, welches die Menschen korrumpiert. Ähnliches geschieht übrigens bei einem Zuviel an Geld. Betroffene Menschen verlieren immer mehr den Kontakt zur Realität und oft auch wichtige Fähigkeiten wie Empathie und Solidarität. In einer Diktatur werden die Menschen zu ihrem ‘Glück’ gezwungen. Es gibt Opfer unter der eigenen Bevölkerung. Wer nicht spurt, wer sich auflehnt, wer Opposition macht, wird mit harten Massnahmen zum Schweigen gebracht und unter Umständen umgebracht. Aber noch mehr werden in der Diktatur die Fremden und Andersartigen zu Opfern. Um sich gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen werden Menschen anderer Kulturen, Sprachen, Religionen, Hautfarben etc. stigmatisiert und ausgegrenzt. Der Machthunger von Diktatoren macht dann auch vor Landesgrenzen nicht Halt. Imaginäre Gegner, die bekämpft werden müssen, gibt es im In- und Ausland.

Das Schlimme daran ist, dass diese Haltung immer mit einer mangelnden Achtung vor dem Leben einhergeht. Meist sind es dieselben Potentaten, die die Umwelt zerstören, Tier- und Pflanzenwelt gefährden und das menschliche Leben missachten. Sie gehen nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich über Leichen.

Was hilft?

In der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts war es eine Allianz von vielen demokratischen Ländern, welche die faschistischen Diktaturen in die Knie zwangen. Der dafür notwendige Krieg kostete eine Unzahl von Toten. Man geht von 55 Millionen aus, wovon über die Hälfte zivile Opfer waren, Opfer von Terror und Genozid.

Heute will man eine Eskalation von solchen Ausmassen verhindern. Doch wie soll die Schreckensherrschaft heutiger Diktatoren ohne militärische Intervention beendet werden? Darauf gibt es leider keine Antwort.

Hingegen können wir als Christen eine Antwort auf eine andere Frage geben. Unser Glaube macht ganz klare Aussagen darüber, welche Eigenschaften es braucht, um Gewalt und Menschenverachtung von den Wurzeln an zu bekämpfen, welche Eigenschaften für eine positive Entwicklung in den Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Staaten notwendig sind. Friedfertigkeit kann man nicht mit gewalttätigen Mitteln durchpauken. Es bleibt nur übrig, immer und überall, im Kleinen wie im Grossen, die Massstäbe der Frohen Botschaft von Jesus Christus anzuwenden, vorzuleben und zu lehren. Auch wenn sie nur langfristig wirken: Nächstenliebe und Friedensliebe sind unsere Möglichkeiten.

Daniel Konrad