Fasten

Du aber salbe dein Gesicht, wenn du fastest, und wasche dein Haar, damit niemand merkt, dass du fastest. (Mt 6, 17f)

Es soll also Leute gegeben haben, zu Jesu Zeiten, die mit ihrem Fasten Eindruck schindeten. Fasten war auch etwas für die anderen. Hohle Wangen, fahler Teint, struppiges Haupt- und Barthaar, ein derbes Gewand. Man nahm Einiges auf sich, um das Fastengebot zu erfüllen.

Nur keine Schokolade all diese 40 Tage. Kein Tabak. Anstrengend, aber immerhin besser erträglich, wenn man darüber mit andern spricht: Weisst du, ich faste halt.
Jesus dagegen meint: Der einzige, der von meinem Fasten wissen soll, ist Gott. Dennoch ist jetzt fasten nicht etwas, das ich auf sein Gebot hin täte. Keiner braucht mein Fasten, ich faste letztlich ganz allein für mich selbst. Gut, auch so bleibt fasten an Verzicht gebunden. Verzicht auf das, was diesen verletzlichen Draht zu Gott in meinem Inneren immer wieder abzuwürgen droht. Im Zug etwa starrt eine Mehrheit der Mitfahrenden in ein Handy, töggelet oder hört Musik über den Kopfhörer. Bitteschön, sei ihnen unbenommen. Aber das Alleinsein mit sich selbst ohne Ablenkung, fällt schwer. Dabei hat doch wohl fasten gerade damit etwas zu tun.

Zeiten der Stille, würde ich mal sagen, können Zeiten sein, in denen ich Gott näherkommen kann. Zeiten, in denen ich Momente inneren Friedens erleben kann. Wo sich mir ein Gegenüber neu erschliessen kann. Wenn ich so etwas denn will. Daher kann Fasten auch keine von aussen auferlegte Pflicht sein. Es ist ein Angebot, vielmehr noch eine Chance, mich vertieft zu spüren und dabei Ängste, Unzufriedenheit, Aggressionen zu überwinden. Für einen Tag oder eine Woche. Hoffentlich immer wieder. Und vielleicht trägt zum Wohlgefühl sogar eine Tafel Schokolade bei.

Niklaus Reinhart