Helfen Beten und Glockengeläut gegen den Krieg in der Ukraine?

Gedanken von Bischof Harald Rein

Sophienkathedrale in Kiev; Richard Mcall auf pixabay

In beispielloser Aggression hat Russlands Präsident W. Putin am 24. Februar 2022 die Ukraine angegriffen, mit dem erklärten Ziel, zwischen Russland und den «Nato-Staaten» einen neutralen Puffer zu erzwingen. Dieser Angriffskrieg bringt grosses Leid über die Menschen und löst Ängste aus. Wir haben so etwas in Europa nicht mehr für möglich gehalten. Wenn Sie diese Zeilen lesen, habe ich beim Schreiben nicht gewusst, ob die Situation weiter eskaliert oder sich durch Verhandlungen entspannt.

Aber die grundsätzlichen Fragen bleiben. Auch die, was Christen und Christinnen und die Kirchen in einer solchen Krise tun können? Neben der Nothilfe vor Ort durch unser Hilfswerk Partner sein über unsere Schwesterkirche in Polen und der unkomplizierten Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz und einem Protest- und Friedensgeläut, liegt unser Schwerpunkt auf dem Gebet und der Macht des Gebetes. Für moderne Menschen mit Recht hinsichtlich der Wirksamkeit eine existentielle Themenstellung. Deshalb komme ich gerne dem Wunsch der Redaktion von Christkatholisch nach, darüber zu schreiben.

Beten hilft, das Entsetzen in Worte zu fassen. Viele Gebete beginnen als Klage. In den kommen Ostertagen hören wir Jesus in den Lesungen zum Karfreitag sagen: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?‘
Beten hilft, sich der eigenen Verantwortung für das Gestalten der Welt bewusst zu werden. Gott hat primär nur unsere Hände. Das tun wir mit Partner sein vor Ort an der polnischen Grenze und durch die Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz.

Beten macht uns bewusst, dass Gott oft anders hilft als wir planen, denken und es möchten. Beten hat auch mit Ausdauer zu tun. Am Eindrücklichsten hat dies Jesus in dem Gleichnis von der Witwe und dem ungerechten Richter im Lukasevangelium 18, 1 bis 8 thematisiert. Es ist wichtig, unermüdlich zu beten und nicht aufzugeben! Es geht nicht darum, dass Gott wie ein Automat jede Bitte wörtlich erhört, sondern um die Beharrlichkeit des Vertrauens auf Gott im Gebet.

Das Läuten der Glocken, das seit Jahrhunderten dazu dient, die Christinnen und Christen in die Gottesdienste zu rufen, hat zugleich eine Bekenntnisfunktion, dass wir unseren Glauben bekennen, ihn praktizieren durch Nothilfe und uns mit den Menschen in der Ukraine solidarisieren. Und es ist logisch, dass das Geläut der Schweizer Kirchen gegen den Ukraine Krieg am Mittwoch, den 9. März gemeinsam bzw. ökumenisch geschah. Denn Krieg lässt sich christlich nicht rechtfertigen. Das kommt besonders im Psalm 9,8-13 zum Ausdruck. Gott ist der Herr dieser Welt, nicht Russlands Präsident.

Harald Rein


Psalm 9, 8-11

Der Herr aber thront ewig, zum Gericht hat er seinen Thron aufgestellt.
Er richtet den Erdkreis der Gerechtigkeit, spricht gerechtes Urteil den Völkern.
So wird der Herr eine Burg für den Bedrückten, eine Burg in der Zeit der Not.
Darum vertrauen auf dich, die deinen Namen kennen. Denn Du verlässt nicht, die dich suchen, Herr.