Impuls zum Tag der Menschenrechte, 10. Dezember 2022

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 ist das bekannteste Dokument, welches die Rechte der Menschen behandelt. Auch stellt sie den Grundstein für den internationalen Menschenrechtsschutz dar. Wir beschäftigen uns dieses Jahr mit der Präambel aus christlicher Sicht

Die Präambel im Wortlaut

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräusserlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,

Da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, dass einer Welt, in der die Menschen Rede-und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not geniessen, das höchste Streben des Menschen gilt,

Da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,

Da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern, da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen in grösserer Freiheit zu fördern,

Da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,

Da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von grösster Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist, verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Massnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewaltunterstehenden Gebiete zu gewährleisten.

Die Präambel bezeichnet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte «als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal». Die Welt ist jedoch noch oder wieder weit weg von diesem Idealzustand. Die Rechtssysteme der Nationen unterscheiden eben doch zwischen Volksgruppen, und weisen diesen unterschiedliche Rechte zu. Meist wird da durch eine Volksgruppe bevorzugt behandelt. Ihre Privilegien werden geschützt. Die einen dürfen abstimmen, wählen und sich wählen lassen, die andern nicht. Die einen haben Anrecht auf Sozialhilfe, andere nur auf Nothilfe. Der Verdienst von Frauen ist niedriger als der von Männern, usw.

Auch stossend ist, dass bei der Beurteilung von Handlungen oft mit zwei Ellen gemessen wird. Da machen die westlichen Staaten vor allem im Osten Menschenrechtsverletzungen aus, nicht aber bei sich selbst. Der Osten dagegen kritisiert den Westen für dessen Menschenrechtslage und ist bewusst oder unbewusst blind für die eigenen Menschenrechtsverletzungen.

Eine Rechtsprechung und Wahrnehmung, die eine derartige Ungleichbehandlung stützt, hat das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte angestrebte Ideal verfehlt, und zwar an einem zentralen Punkt: Bei der «Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräusserlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen».

Anwendung Heute

Was müsste sich in unserem Leben und im Handeln unseres Landes und unserer Gesellschaft in der Schweiz verändern, um dem Ideal der Menschenrechte besser zu entsprechen, zum Beispiel

  • Im Asylbereich?
  • Im internationalen Austausch?
  • Beider Gleichberechtigung von Frau und Mann?
  • Beim Geburtsstatus und Bürgerrecht?
  • In der konkreten Ausgestaltung der Kirche (zu der man sich zählt)?

Biblischer Bezug

Die Menschenrechte korrespondieren mit dem christlichen Verständnis der Gnade.

Gottes Zuwendung gilt. Sie muss und kann nicht verdient werden. Sie will wohl anerkannt sein.

Die Gottebenbildlichkeit wird von der Bibel auf alle Menschen bezogen. Damit ist nicht mehr ein einzelner König oder eine Herrscherkaste Stellvertreterin oder Stellvertreter Gottes, sondern alle Menschen, ohne Ausnahme.

Auch die Menschenrechte müssen und können nicht verdient werden. Sie werden auch nicht von Menschen oder Staaten verliehen, sondern nur anerkannt. Sie gelten universell. Denn die Würde des Menschen ist – laut Präambel –«angeboren», muss nicht erst erworben werden. Jede Frau oder Mann, jedes Kind und jeder ältere Mensch, besitzt diese Würde und verliert sie Zeit seines Lebens nicht.

Korrespondierende Bibelzitate

Genesis 1,27: «Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Als Gottes Ebenbild schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie.»
Epheser 2,8: «Denn aus Gnade seid ihr gerettet –durch den Glauben. Das verdankt ihr nicht eurer eigenen Kraft, sondern es ist Gottes Geschenk.»

Aus der BasisBibel

Liturgisches Element

Gebet

Schöpfer, wir danken dir, dass du uns Menschen –ja allen Menschen –Würde zusprichst. Wir sind, mit der Erde, mit Tieren und Pflanzen, das wertvolle Werk deiner Hände. Gib, dass wir lernen, deinen Massstab zu übernehmen und in unseren Entscheidungen und unserem Handeln umzusetzen.

Christus Jesus, du führst Menschen und Gesellschaften, die auf dich hören, dahin, einander durch deine Augen und mit deinem Herzen zu sehen und zu begegnen. Gib, dass alle, die dir nachfolgen, deine Mitmenschlichkeit in Wort und Tat leben.
Geistkraft des lebendigen Gottes, du wirkst in der Welt, in Menschen und in Gemeinschaften, über alle möglichen Grenzen, die wir zu ziehen versuchen, hinweg. Schenke Menschen und Gemeinschaften den Mut, die eigene Mitverantwortung an Unrecht anzuerkennen, zu bereuen und wiedergutzumachen.

Lebendiger Gott, gib, dass die Kirche der Welt dient, indem sie sich für Recht und Gerechtigkeit einsetzt, und das ohne Ansehen der Person.

Amen

Lied : EMK – Gesangbuch 598 (leider nicht CG/KG/RG)

Refrain: Ein Lied hat die Freude sich ausgedacht. / Ein Lied hat die Hoffnung zum Klingen gebracht. / Maria gab ihm Worte und Ton. / Sie pries Gottes Zukunft im eigenen Sohn.

1. Unbeschriebene werden Geschichte schreiben. / Wer im Dunkel lebte, steht nun im Licht. / Der Menschenverächter wird nicht bleiben: / Gott trägt ein menschliches Gesicht. / Refrain
2. Alle Brotherren müssen sich selbst besingen, / denn ein jeder isst sein eigenes Brot. / Der Macht wird dann keiner Opfer bringen, / Ohnmacht ist stärker als der Tod. / Refrain
3. Die in unserer Welt nur statistisch zählen, / die gewinnen einzeln Würde und Wert. / Den Großsprecher wird kein Mensch mehr wählen, / weil Gottes Wahl das Kleine ehrt. / Refrain
4. Wer das Glück seines Lebens auf Reichtum baute, / der erfährt, dass es wie Glas zerspringt. / Doch jeder, der Gottes Wort vertraute, / sieht die Erfüllung –und er singt: / Refrain
T: (Nach Lukas 1,46-55) Hartmut Handt 1985
M: Nis-Edwin List-Petersen (Dänemark) 1986
S: Manfred Staiger 1987 / Karl-Heinz Hecke 2002 (Refrain), Hans-Joachim Rolf 1993 (Strophen)
Q: T: Verlag Singende Gemeinde, Wuppertal / M+S: tvd-Verlag, Düsseldorf

Weitere Vorschläge

EMK-GB 671 (CG 926/KG 507/RG 867) «Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt» (T: Kurt Marti)
EMK-GB 351 (CG879/KG 184/RG832) «Manchmal kennen wir Gottes Willen» (T: Kurt Marti)
EMK-GB 594d (CG-/KG-/RG840) «Gott gib uns Stärke, dass Ketten springen»

Handlung im Gottesdienst

Auf eine gezeichneten Weltkarte hinterlassen die Gottesdienstbesuchenden ihren Fingerabdruck (oder Handabdrücke) an beliebiger Stelle auf der Landmasse. Dieser Abdruck muss nicht beim eigenen Land erfolgen. Es entsteht eine bunte Welt, in der die üblichen Unterscheidungen (Schweizer, Ausländerin, Mann, Frau, Hautfarbe etc.) nicht mehr ersichtlich sind. Alle Abdrücke haben dasselbe Gewicht und schaffen eine soziale Weltgemeinschaft.

Praktischer Tipp: Die Weltkarte kann auch auf ein weisses Plakat projiziert werden. Herunterladen

Gestaltet von Pfarrerin Marietjie Odendaal und Pfarrer Jörg Niederer, Evangelisch-Methodistische Kirche Schweiz, im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz

Weitere Informationen: https://agck.ch/menschenrechte/