Ins Weite

Luca Signorelli (ca.. 1450 – 1523): Der Poet und Philosoph Empedokles (Dom Orvieto, Cappella di San Brizio).

Sich ausstrecken.
Einmal aus dem Fenster lehnen
und dem Eigenen Raum geben.
In des Herzens Weite
hinausstaunen.

Wagnisse
weiten die Seele.
Schwerkra des Alltags,
Lähmung des Gewohnten,
– all dem entiehen.

Eintreten, einfühlen,
in andere Dimensionen des Seins.
In das Ungedachte, das Ortlose.
Auf den Flügeln der Sehnsucht
hinein in das unendlich Neue.

Hin zum Ungesicherten
tasten und spüren,
mit zarter Seelenhand.
Die Finger des Herzens
strecken nach dunklem Licht.

Das ist glaubendes Lieben:
Behütet im Geheimnis,
jenseits der Sprache,
sich wagen ins Abgründige,
durch alle Ungewissheit

in die Geborgenheit
in Gott.

Michael Bangert