Quo navigas – Segelschiff

Unser Bischof hat die Zukunft unserer Kirche mit der Reise eines Segelschiffes verglichen. Ein treffender Vergleich. Nur, was nützt dies, wenn das Segelschiff seine Reise nur mit grosser Mannschaft – aber kaum mit Passagieren – unternimmt.

Es schmerzt mich schon seit Jahren, wenn ich als Zeitzeuge einen stetigen Untergang mit verfolgen muss. Es kommt mir vor, als führe man laufend in eisigen Gewässern und versuche, den Eisbergen möglichst ausser Weg zu gehen um die Verluste einzudämmen. Wie wäre es doch viel einfacher, den Kurs zu ändern und in freundlicheren Gewässern zu segeln? Die Passagier-Zahlen würden sich dann eventuell wieder erholen… wer weiss. Was wir aber sicher wissen ist, dass wir ohne Kurskorrektur ganz sicher weitere Passagiere verlieren werden!

Aber unsere Kirche – der Tradition anscheinend bis zum Untergang (oder Fusion) verpflichtet, segelt unbeirrt ihren Weg weiter. Immerhin haben wir ja noch einige Leute an Bord… die meisten vertreten eine fortgeschrittene Altersgruppe, das ist absolut nicht diskriminierend gemeint – aber diese Generation wird irgendwann nicht mehr mitreisen können. Aber wo bleiben denn die jungen Passagiere – unser Nachwuchs? Machen diese keine Seereisen, fehlt deren Bedürfnis, an Bord eines Schiffes zu kommen und sich wohl und zuhause zu fühlen, komplett? Nein, im Gegenteil – diese Generation, potentiell unsere Zukunft, sie hat eine andere, freiere – sprich den Traditionen nicht so sehr nacheifernde Schifffahrts-Linie  gesucht – und offenbar auch  gefunden; wie sonst könnte man sich den intensiven Zulauf zu den freien Kirchen erklären – übersetzt heisst das für mich: Auch die jüngeren Generationen suchen eine kirchliche Heimat, leider aber scheinen sie diese in unseren Traditionen (= Verschönerung für festgefahrene Strukturen) nicht zu finden.

Deshalb denke ich mir, wir sollten unsere Routen dringend überdenken um diese (um in der Seemanns-Sprache zu bleiben) Grad um Grad zu korrigieren. Es wäre für mich ein grosses und erstrebenswertes Geschenk beobachten zu dürfen, wie wir unsere Reise mit Schiffen fortsetzen, die mit Passagieren aller Generationen besetzt sind.

Robert Conrad, Rheinfelden
Kirchenpflege Rheinfelden-Kaiseraugst