Frohes Fasten

Wenn ihr aber fastet, macht kein saures Gesicht wie die Heuchler, denn sie machen ein saures Gesicht, um den Leuten zu zeigen, dass sie fasten. (Mt 6,16)

Fasten ist etwas Individuelles. So verzichtet jemand vielleicht auf die Süssigkeiten nach dem Essen, andere trinken keinen Kaffee oder steigen Treppenstufen, statt den Lift zu nehmen. Ich verzichte in der Fastenzeit auf alkoholische Getränke und Fleisch – zwei Dinge, die ich sonst durchaus schätze. So bin ich manchmal richtig stolz auf meinen Verzicht. Selbstkritisch muss ich dann aber eingestehen, dass gerade dieser Stolz auf das eigene Fasten das ist, was Jesus deutlich kritisiert. Er greift mit harten Worten Heuchelei und asketische Selbstdarstellung an. Fasten ist für Jesus kein Leistungssport. Nicht der ist der Frömmste, der auf das meiste verzichtet und dabei am traurigsten dreinschaut. Solche Äusserlichkeiten vermögen den eigentlichen Sinn des Fastens, nämlich die Hinwendung zu Gott, völlig zu überdecken.

Fasten ist kein Selbstzweck, sondern ein Hilfsmittel, sich auf das zu konzentrieren, was im Leben wirklich zählt. Ganz sicher liegt ein solcher Schatz nicht in immer mehr Konsum, nicht im materiellen Reichtum, nicht im exzessiven Genuss. All dies kann den Blick verstellen, auf all das, was wirklich froh machen kann im menschlichen Leben. Auf Begegnungen mit Menschen zum Beispiel. Oder auf das Nachdenken über Gott und unser Leben, für das wir plötzlich die Zeit und die Ruhe finden. Wenn Verzicht uns bei dieser Konzentration auf Gott und das Wesentliche hilft, dann kann Fasten etwas sehr Fröhliches sein.

Thomas Zellmeyer