Gut und böse. Gut und böse?

Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich. Und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Mt. 12, 30

Jetzt, da ich schreibe, herrscht vielerorts Krieg. Seit einer Woche auch im nahen Osten. Eine zwar zensurierte, aber immer noch unerträgliche Bilderflut von Abscheulichkeiten dominiert die Tagesschau. Am liebsten würden wir gar nicht mehr hinschauen.

Der Matthäustext könnte nahelegen: Jesus unterscheidet eindeutig zwischen Freund und Feind. Schwarz und weiss. Gut und Böse. Zwischendurch ist nichts. Ein Denkschema, das auch uns nicht fremd ist. Und das daher gerade in diesen Tagen beklemmende Fragen aufwirft. Gibt es gute und böse Menschen quasi im luftleeren Raum? Menschen, die von ihrer Natur her gut oder böse sind und nichts dagegen tun können? Oder sind da nicht eher Beeinflussungen von vielen Seiten her, die einen Menschen formen? Und daher: Wenn Menschen über Generationen hinweg und von Kindesbeinen an Unterdrückung und Ungerechtigkeit erlebt haben, sind da Hassexplosionen zwar nicht entschuldbar, aber doch nachvollziehbar? Kann nicht ständig vorhandene Angst vor Angriffen aus dem Hinterhalt, vor Bedrohung der eigenen Lebensbasis Gegengewalt bewirken, wenn auch oft übertriebene?

Darf ich das Matthäuswort etwas verfremden? Jesus könnte auch gesagt haben: Wer gut ist oder böse hat immer eine Geschichte hinter sich, ist geprägt von vielen Einflüssen. So oder so: Ich bin für sie, ich will sie nicht zerstreuen in hassbereite Lager, ich will sie zurückholen zu mir. Alle, ohne Ausnahme. Dazu aber braucht es auch immer wieder Menschen guten Willens. Ob sie allerdings auch in bester Absicht zu einem Ziel kommen? Die Geschichte ist kein Beweis dafür.

Könnte ja sein, dass Jesus diesen Zusatz nicht ganz ablehnen würde.

Niklaus Reinhart