«Unsere Rechtsordnung gilt für alle.»

An der kommenden Nationalsynode gibt der neue Synodalrat Toni Göpfert seinen Einstand. Im Rat ist er für die juristischen Belange zuständig. Erfahrung mit dem Parlamentsbetrieb hat Göpfert als Stadtschreiber von Luzern gesammelt. 

Toni Göpfert

CK: Herr Göpfert, warum haben Sie sich entschieden, im Synodalrat mitzuarbeiten?
Toni Göpfert: Ich wurde von der Präsidentin angefragt, weil im Synodalrat das juristische Fachwissen fehlte. Diese Anfrage hat mich sehr gefreut. Da ich im Sommer 2017 vorzeitig in Pension ging, habe ich auf diesen Termin hin zugesagt.

Sie sind im Synodalrat mit den juristischen Geschäften betraut. Besteht ein Unterschied zwischen kirchlicher und nicht kirchlicher Arbeit als Jurist?
In fachlicher Hinsicht kaum, thematisch hingegen schon.

Sie konnten sich jetzt einige Zeit einarbeiten. Wie kann man sich Ihre Tätigkeit im Synodalrat vorstellen und was beschäftigt Sie gerade?
Ich bringe die juristische Sicht in die verschiedenen Themen ein. Der Lead liegt aber klar bei der fachlichen, nicht juristischen Ebene. Wenn es beispielsweise darum geht, das Diakonatsausbildungsreglement zu revidieren, geschieht dies unter Federführung des zuständigen Ressorts im Synodalrat. Ich prüfe den Entwurf aus juristischer Sicht und mache Anregungen. Dasselbe gilt für verschiedene Erlasse, die wir seit dem letzten Sommer bearbeitet haben. Zurzeit bin ich an der Totalrevision der Geschäftsordnung des Synodalrates. Dann folgen Fragen im Zusammenhang mit der rechtlichen Gestaltung der Anstellungsverhältnisse, die in die Zuständigkeit des Synodalrates fallen.

Können Sie aus Ihrer Arbeit als Stadtschreiber, dem der Parlamentsbetrieb bestens bekannt ist, etwas für die Arbeit im Synodalrat mitnehmen?
Ich werde im nächsten Juni in Basel erstmals seit meinem Eintritt in den Synodalrat an der Nationalsynode teilnehmen. Bis jetzt konnte ich meine Erfahrung bei der Bearbeitung von Erlassen gut gebrauchen. Auch sind mir meine Kenntnisse in organisatorischen Belangen, bei der Gestaltung von Geschäftsabläufen und bei Fragen des Personalwesens hilfreich.

Recht und Gerechtigkeit sind bekanntlich zwei Paar Schuhe. Birgt Ihre Arbeit für die Kirche ein gewisses Konfliktpotenzial?
Im Idealfall ist die rechtliche Lösung auch die richtige. Rechtswissenschaft ist aber keine exakte Wissenschaft. Es gibt oft einen Spielraum, einen Ermessensbereich, den man nutzen kann. In meiner noch kurzen Tätigkeit im Synodalrat ist bislang aus meiner Sicht  das angesprochene Konfliktpotenzial nicht aufgetreten.

Heute stellt sich in allen Lebensbereichen immer zuerst die Frage, ob etwas rechtlich abgesichert ist. Haben da Kirchen in ihrem Handeln mehr «Narrenfreiheit»? Ich denke da zum Beispiel ans Kirchenasyl und an Sans Papiers.
Die Rechtsordnung gilt für alle. Sie wird in unserer Demokratie letztlich von den Einwohnerinnen und Einwohnern festgelegt. Also von uns allen. Als Kirche haben wir  die Möglichkeit, unsere speziellen Anliegen zu identifizieren und in die demokratischen Prozesse und die Öffentlichkeit einzubringen. In einzelnen Fällen kann uns zudem der erwähnte Ermessensspielraum dienlich sein.

Jesus hatte ja ein sehr spezielles Rechtsverständnis und lehnte sich gegen geltende Regeln auf. Er stellte immer den Einzelfall und den Menschen ins Zentrum. Können Sie aus diesem biblischen «Vorbild» für Ihre Arbeitsweise etwas herausnehmen?
Der Mensch muss bei allen unseren Überlegungen und Handlungen im Zentrum stehen. Die rechtlichen Bestimmungen müssen entsprechend ausgestaltet sein. Ein Entscheid gegen das geltende Recht kommt für mich jedoch grundsätzlich nicht in Frage.

In welchem Zustand befindet sich unsere Kirche aus juristischer Sicht? Sind da alle Verträge, Ordnungen und Bestimmungen rechtlich wasserdicht oder gibt es Gebiete, die noch einen Erneuerungsbedarf aufweisen.
Wir haben seit dem letzten Sommer bereits einige Bestimmungen revidiert und werden der Synode dazu Anträge stellen. Diese Arbeiten werden weitergeführt, als Daueraufgabe und im Rahmen des aktuellen Bedarfs. «Aufräumaktionen» sind nicht geplant und auch nicht nötig.

Juristische Arbeit ist eine Schreibtischtätigkeit. Welchen Gegenpol setzen Sie dieser in Ihrem Alltag?
Juristische Arbeit bedeutet für mich Gespräche, Zusammenarbeit,  Abklärungen usw. Sie bedeutet aber in der Tat auch viel Arbeit am Schreibtisch bzw. PC. Deshalb bin ich oft an der frischen Luft unterwegs,  beim Wandern und Joggen. Zudem habe ich jetzt mehr Zeit für Reisen.

Franz Osswald

Die Mitglieder des Synodalrats der Christkatholischen Kirche mit dem Bischof und dem Synodalratssekretär (v.l.n.r): Pfr. Christoph Schuler, Franz Murbach, Ursula Ulrich, Bischof Harald Rein, Pfr. Adrian Suter, Pfr. Lars Simpson, Barbara Blättler, Toni Göpfert, Anne Loch, Pfrn. Denise Wyss, Pfr. em. Rolf Reimann (Sektretär) Manuela Petraglio (Präsidentin).