«Dort engagieren, wo es Sinn macht»

Interview mit Raymond Dumont, Präsident «Partner sein»

Kinder in einem Projekt von „Partner sein“ in Afrika

Seit Anfang des Jahres hat das christkatholische Hilfswerk «Partner sein» einen neuen Präsidenten. Ein Amtsantritt, der pandemiebedingt unter besonderen Umständen erfolgt ist. «Christkatholisch» hat mit ihm über seine neue Aufgabe gesprochen.

DP: Wie fasst du die ersten Monate als Präsident von «Partner sein» zusammen?

RD: In etwa gleich, wie bei jedem Job, den man neu beginnt. Viele Dinge sind noch gar nicht ganz klar. Man kommt hin, schwimmt ein wenig und versucht, je länger je mehr «rein zu kommen». Worauf muss man achten, was ist wichtig, was nicht?

Wo und wie findest du Kraft und Motivation für deine Tätigkeit?

Urs Müller, mein Vorgänger, hat mich motiviert, mich für «Partner sein» zu engagieren. Auch meine Frau unterstützt mich bei dieser Arbeit. Zudem finde ich es befriedigend, mich zu engagieren, wo es Sinn macht und man auch entsprechend wertvolle Resultate sieht.

Welches sind aktuelle und künftige Herausforderungen für «Partner sein»?

Dies werden wir an der nächsten Sitzung auch gleich thematisieren. Mit der Situation um COVID sind leider viele Aktivitäten der Gemeinden, wie z.B. die Suppentage, ausgefallen. Wie bringen wir also die Leute dazu, trotzdem etwas zu spenden? Wie können wir mit ihnen in Kontakt treten? Eine andere Frage ist die demografische Entwicklung der Spenderinnen. «Partner sein» ist ein christkatholisches Hilfswerk. Doch: In der letzten ökumenischen Fasten-Kampagne hatte unser Projekt einen sagenhaften Erfolg, der nicht von den eigenen Leuten abhing, sondern vor allem von allen anderen Spenderinnen. In den nächsten Jahren werden wir vielleicht einige Legate erhalten; aber was kommt dann? Es ist das gleiche Problem, wie dasjenige der Kirche als Gesamtes. Etwas provokativ ausgedrückt: Der Nachwuchs ist nicht vorhanden. Was also geschieht in 10, in 20 Jahren? Wenn es darum geht, die anstehenden Kirchen-Jubiläen zu feiern, dann ist so ein Blick in die Zukunft durchaus angebracht. Ein interessanter Ansatz hierzu ist die Beantwortung der Frage: «Was muss ich tun, damit es mich in 10 Jahren nicht mehr gibt?»

Wo siehst du Prioritäten in der Entwicklungshilfe und der Zusammenarbeit mit euren Partnerinnen?

Als Priorität sehen wir die Weiterentwicklung von Projekten, mit denen wir bereits begonnen haben. Die Aufgleisung von neuen Projekten bzw. das Aufgreifen jeder möglichen guten Idee steht nicht im Vordergrund. Wir sind uns bewusst, dass wir nur ein kleines Tröpfchen auf den heissen Stein darstellen, und dass wir nicht jedes Problem lösen können. Wir müssen relativ viele Anfragen ablehnen, weil sie nicht in unser Tätigkeitsprofil passen. Die recht begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen werden dort am effizientesten eingesetzt, wo wir bereits gute Kontakte haben. Diese zu etablieren, dauert meist lange. Man kann nicht einfach irgendwo hin gehen und erwarten, eine Sache gleich zum Laufen zu bringen.

Gibt es allgemeine Themen, die vielerorts gerade wichtig sind?

Ein sehr grosses Thema ist seit Jahren das Trinkwasser. Hier besteht auch seitens der Spenderinnen ein grosses Interesse. Nach wie vor haben weltweit sehr viele Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser. Oder aber sie haben ihre Brunnen, müssen diese aber ständig tiefer graben, um noch an das Grundwasser zu kommen. Ein anderes grosses Thema ist die Bildung. An vielen Orten haben wir Schulhäuser errichtet und übernehmen nun Aufgaben, bei denen der Staat leider versagt. Und sobald eine Schulstufe entstanden ist, erfordert dies das Angebot der nächst höheren Stufe usw. Dies übersteigt schnell mal unsere Möglichkeiten. Mitunter wird dabei sogar noch die Erfüllung von staatlichen Auflagen gefordert, obwohl der Staat sich am eigentlichen Projekt gar nicht beteiligen will. Diese Umstände werden sich wohl so schnell nicht ändern.

Woran liegt es, dass «Partner sein» seit vielen Jahrzehnten so grossen Erfolg hat beim Fundraising, sowohl in der christkatholischen wie auch in der anglikanischen Kirche und auf ökumenischer Ebene?

Nun, «Partner sein» hat scheinbar einen relativ guten Namen. Es leistet eine gute Arbeit mit dem Geld, das es bekommt, und braucht fast nichts für administrative Zwecke oder Werbung. Fast alle Beteiligten arbeiten ehrenamtlich. Das letztjährige Projekt des Fastenkalenders hat offenbar viele Leute angesprochen, ganz egal welcher Konfession. Die Zusammenarbeit mit «Brot für alle» und «Fastenopfer» ist für uns sehr wertvoll. Im Vergleich mit diesen beiden Hilfswerken sind wir sehr klein und werden trotzdem sehr gut eingebunden. Die bevorstehende Fusion von «HEKS» und «Brot für alle» wird hier wieder einige Änderungen bringen, welche noch nicht absehbar sind.

Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf die Arbeit von «Partner sein»?

Die Einnahmen sind stark eingebrochen. Allerdings wurde auch weniger Geld ausgegeben, da viele Schulen gar keinen Unterricht hatten. Somit mussten wir auch nichts finanzieren,wenn kein Schulbetrieb stattfand, da die Lehrpersonen staatlich angestellt sind. Wir können zum Glück die Aktivitäten von ca. einem Jahr voraus finanzieren. Danach brauchen wir aber unbedingt wieder die regulären Einnahmen. Somit ist es wichtig, dass bald wieder die vorgesehenen Einnahmen kommen.

Wie sieht die/der typische Spenderin aus?

Das wissen wir leider gar nicht. Die Beiträge über den Fastenkalender oder aus den Kirchgemeinden erhalten wir ohne weitere Informationen. Doch seit einigen Jahren erhalten wir zunehmend direkte Spenden, welche oft für ein ganz bestimmtes Projekt einbezahlt wurden.

Was aus deiner beruflichen oder persönlichen Erfahrung hilft dir speziell für deine Funktion?

Effizienz, sowie die Fokussierung auf die essenziellen Themen. Mir ist sehr wichtig, dass wir in der Kommission einen guten Umgang pflegen, so dass sich jeder einbringen kann.

Was wünschst du dir von den Christkatholikinnen für die Zukunft?

Dass sie nach wie vor unsere Arbeit schätzen und dies mit Spenden honorieren.

Daniel Pfenning


Zur Person
von Raymond Dumont

  • Chemiesicherheitsexperte kurz vor der Pensionierung
  • ca. 1997 bis 2003 Familienlager-Organisator (Jugendhaus Mörlialp)
  • Vater von drei ehemaligen ChriSoLa-Teilnehmenden und ChriSoLa-Leiter*innen
  • seit 2013 Berghüsliferien-Organisator
  • seit 1968 Fussballer im SC Holligen 94
  • Schallplattensammler (60er & 70er Jahre; Rock, Folk; bevorzugt Privatpressungen)
  • Leser (aus den Themenkreisen Geschichte, Politik, Religion)