Fusswaschung anstatt Abendmahl als Zeichen der Hoffnung

Zum hohen Donnerstag

Kirchenfenster der Sint-Janskerk in Gouda, NL.

Unsere Welt steht Kopf. Corona hat uns fest im Griff und zwingt uns, neue Wege zu gehen. Rund ums Organisieren von Homeoffice, Kinderbetreuung, digitalem Lernen, Strukturierung der ungewohnt erhöhten Familienzeit etc. kann und darf es passieren, dass wir für einen Moment die Orientierung und Kontrolle verlieren. Wir alle müssen uns zuerst in dieser ausserordentlichen Situation zurechtfinden lernen. Dies braucht Zeit und Geduld mit uns und mit unseren Mitmenschen.

Eigentlich hatten wir alle etwas ganz anderes vor. Jeder von uns hatte Pläne, auch weil jetzt die schöne Jahreszeit anbricht. Aber die Dinge haben sich über Nacht verändert. Solange wir alles im Griff haben, fühlen wir uns gut und sicher. Aber manche Dinge liegen nicht in unserer Macht. Und diese Erfahrung machen wir gerade alle gemeinsam. Das ist eine neue Erfahrung.

Fusswaschung anstatt Abendmahl

Die Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas berichten am Donnerstag vor Ostern über die Einsetzung des Abendmahles. Gerne hätten wir alle dies auch 2020 kirchlich gefeiert, ebenso wie die traditionelle Ölweihe am Morgen in der Berner Pfarr- und Bischofskirche St.  Peter und Paul als Ausdruck für die Gemeinschaft und den Zusammenhalt in unserem Bistum. Aber wegen der Coronavirus-Pandemie geht es nicht. Erfreulicherweise hat der Evangelist Johannes den Schwerpunkt seines Abendmahlberichts (Evangelium nach Johannes 13,3-15) anders gesetzt. Er setzt das Abendmahl voraus und berichtet ausführlich über die Fusswaschung.

Symbolische Bedeutung

Einerseits sind Abendmahlsbericht und Fusswaschung reale Ereignisse gewesen, andererseits haben sie eine symbolische Bedeutung. Der Abendmahlsbericht hebt den Gemeinschaftsgedanken in der Kirche hervor, während die Fusswaschung auf ihren uneigennützigen Dienst am Nächsten und in der Welt hinweist. Darum steht 2020 die Fusswaschung im Vordergrund. Wir können nicht Gottesdienste feiern, aber vielfältig einander unterstützen.

Versuchen wir, diese Aufgabe mit Besonnenheit, grossem Respekt und ohne Panik anzugehen. Wir werden uns gegenseitig beistehen und helfen. Gemeinsam sind wir stark und so werden wir diese schwierige Zeit meistern. Niemand soll alleingelassen werden.

Ostern als Zeichen der Hoffnung

Christen auf der ganzen Welt feiern an Ostern die Auferstehung Jesu von den Toten. Das zentrale Motiv und Fundament des christlichen Glaubens machen das Osterfest daher auch zum wichtigsten Hochfest der christlichen Kirche. Denn die Auferstehung und der Sieg über den Tod spenden uns Hoffnung auf das ewige Leben. Ostern soll uns zugleich Mut machen, auch in dunklen Zeiten die Hoffnung nicht aufzugeben und an das Gute zu glauben.

Ostern 2020
Synodalratspräsidentin Manuela Petraglio-Bürgi
Bischof Harald Rein