Unser Überkonsum treibt die Klimakrise voran

Ökumenische Kampagne: 2. März bis 17. April 2022

In der Ökumenischen Kampagne 2022 zur Fastenzeit steht erneut die Klimakrise im Mittelpunkt. Die Art, wie wir im globalen Norden wohnen, reisen und uns ernähren, geht letztlich auf Kosten anderer. Unser Überkonsum an Energie ist einer der grössten Treiber der Klimakrise. Um die Schöpfung zu bewahren, müssen wir gemeinsam Verantwortung übernehmen und gute Lösungen rund um die Energieproduktion und unseren Lebensstil vorantreiben. Nur so können wir die Schattenseiten unseres Handelns verkleinern und den globalen Temperaturanstieg auf 1.5 Grad Celsius begrenzen.

Ohne Strom kein Licht, kein Kühlschrank, kein Mobiltelefon. Der Zugang zu Energie ist ein wichtiger Aspekt in der Armutsbekämpfung und essenziell für das Recht auf Nahrung. Weil durch elektrisches Licht am Abend für die Schule gelernt werden kann und so die Bildung verbessert wird, oder weil durch energieeffiziente Kochsysteme Ressourcen geschont und optimal eingesetzt werden können. Nur durch eine stabile Stromversorgung können Lebensmittel gekühlt aufbewahrt werden – die Verarbeitung von Lebensmitteln und deren Aufbewahrung erschliessen neue Einkommensmöglichkeiten.

Doch wie soll diese Energie produziert werden? Und wieviel davon? Im globalen Norden sehen wir derzeit einen immensen Überkonsum an Energie. Neben dem Verkehr und der industrialisierten Landwirtschaft spielt die Energieproduktion die grösste Rolle beim Klimawandel: Weltweit trägt sie rund 70 Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Die Art, wie wir wohnen, reisen und uns ernähren, verbraucht zu viel Energie. In der Schweiz sind sogar 80 Prozent der Treibhausgasemissionen vom Energieverbrauch verursacht. Würden alle Menschen auf der Welt so konsumieren wie wir in der Schweiz, bräuchten wir mehr als drei Erden.

Die Folgen des Klimawandels sind akut: In Indonesien, Senegal und Kolumbien wirken sich die Erwärmung der Ozeane, der Anstieg des Meeresspiegels und die Zunahme von Stürmen auf das Küstensystem aus; Küsten und Mangroven werden überflutet, Korallen als wichtige Ökosysteme werden vernichtet und der Fischbestand schwindet. Das Salzwasser dringt ins Land und zerstört Felder und Ernten. Anhaltender Regen nimmt vielen Menschen Haus, Hof und manchmal auch das Leben. Auch im Landesinnern vernichten Überschwemmungen, Erdrutsche und Dürren die Lebensgrundlagen der Menschen.

Dies sind beobachtbare Beispiele aus den Projekten der drei kirchlichen Hilfswerke Fastenopfer, HEKS und Partner sein, doch sie zeigen: Die Klimaveränderung bedroht das Recht auf Nahrung und ein Leben in Würde für alle – für die Menschen im Süden, aber auch für zukünftige Generationen, welche nicht mehr dieselben Ressourcen zur Verfügung haben werden.

Klimaneutral heisst klimaneutral – ohne Hintertürchen

Weil die Energieproduktion für so viel CO2-Ausstoss verantwortlich ist, können wir in der Schweiz einen signifikanten Beitrag zur Reduktion der Treib-hausgase leisten. Ab 2040 müssen wir unser Leben und unser Wirtschaften klimaneutral gestalten, wie es im Pariser Abkommen, welches auch die Schweiz unterzeichnet hat, vereinbart wurde. Alle in der Schweiz verursachten Treibhausgasemissionen müssen auf null reduziert oder durch inländische Senken (z.B. Wälder) kompensiert werden. Zentral ist dabei ein politischer Fahrplan und Gesetzesrahmen mit konkreten Meilensteinen, die die Emissionen ab sofort deutlich reduzieren – z.B. bis 2030 eine Reduktion um 60 Prozent. Dies muss im Inland geschehen und nicht über Zertifikate im Ausland.

Unser Energiekonsum muss drastisch reduziert werden. Lasst uns deshalb gemeinsam Verantwortung übernehmen. Gemeinsam heisst, wir alle können und müssen unseren Beitrag für das Ziel „Netto Null bis 2040“ leisten:

Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen im Süden setzen wir uns für Projekte mit lokal produzierten erneuerbaren Energien ein und dafür, dass diese sozial gerecht – das heisst im Einklang mit den Bedürfnissen lokaler Bevölkerungen und indigener Gemeinschaften – produziert werden. Der Zugang zu Land, Wald, Wasser, Saatgut und Wissen für die lokale Bevölkerung darf nicht behindert werden, die Standards für Menschenrechte und Umwelt müssen beachtet und eingehalten werden. Zudem muss die lokale Bevölkerung Zugang zur gewonnenen Energie und deren Kontrolle erhalten. Wir begleiten ausserdem Bäuerinnen und Bauern im Süden mit agrarökologischen Ausbildungen, welche eine Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel ermöglicht.

Gemeinsam mit über 100 Organisationen führen die kirchlichen Hilfswerke in der Klima-Allianz Kampagnen in der Schweiz durch. Der Ausstieg aus den fossilen Energien, der Abzug von Geldern (Desinvestition) aus Projekten, die an der Förderung und dem Handel von Erdöl, Kohle und Erdgas beteiligt sind, und die Investition in erneuerbare Energien sind wichtige Forderungen. Gemeinsam mit „oeku – Kirchen für die Umwelt“ möchten wir zudem Pfarreien und Kirchgemeinden unterstützen, klimabewusst zu handeln.

All diese Massnahmen tragen dazu bei, dass den Menschen im globalen Süden Klimagerechtigkeit widerfährt. Als Hilfswerke der drei Landeskirchen appellieren wir an die Solidarität und die Nächstenliebe und – um es mit den Worten des Philosophen Hans Jonas zu sagen – an die „Fernstenliebe“: Mit Menschen im globalen Süden, die weit weg von uns bereits heute stark unter dem Klimawandel leiden. Denn das Klima macht nicht an den Grenzen halt. Wir teilen die eine Erde, die wir haben, mit diesen Menschen: Ihre Schicksale sind auch unsere.

Die Ökumenische Kampagne 2022 vom 2. März bis 17. April ist die zweite des Vierjahreszyklus, in dem verschiedenste Aspekte von Klimagerechtigkeit behandelt werden. Sie schliesst zudem an frühere Kampagnen zum Thema Klima an (1989: Die Zeit drängt, 2009: Weil das Recht auf Nahrung ein gutes Klima braucht, 2015: Weniger für uns. Genug für alle).

Weitere Informationen zur Kampagne 2022 erhalten Sie auf www.sehen-und-handeln.ch/materialien und auf www.partner-sein.ch.

Bilder: Kampagne 2022