Déjeuner sur l’herbe

Andreas, der Bruder des Petrus, sprach zu Jesus: hier ist ein Knabe, der hat fünf Brote und zwei Fische; doch was ist das für so viele?
(Joh. 6, 8,9)

Eine unübersehbare Menschenmenge ist Jesus ins Gelände nachgefolgt. Man hat sich im Gras niedergelassen, es ist Essenszeit. Aber was soll serviert werden? Fünf Gerstenbrote und zwei Fische aus dem Proviant eines Knaben? Das wird nirgends hin reichen. Aber Jesus segnet die Gaben, lässt sie austeilen, die Leute essen, und am Schluss bleiben zwölf Körbe mit Resten übrig.

Die Geschichte hätte auch anders laufen können. Andreas hätte Grund gehabt abzuwinken. Lassen wir die Sache, es hat doch alles keinen Sinn. Es gibt nun mal Dinge, die gehen nicht. Das wäre ein nachvollziehbarer Vernunftentscheid gewesen. Aber Jesus lässt den Knaben antreten. Die Vernunft ist noch nicht so sein Ding. Er gibt, was er hat, dahin, einfach weil er etwas Gutes tun möchte. Und siehe, es wirkt. So, wie es niemand erwartet hätte.
Die Geschichte ist so wahrscheinlich nie passiert. Sie ist eher literarische Fiktion des Johannes-Autors. Aber dadurch bezieht sie auch uns alle in das Geschehen ein. Was können wir tun, um in unserem Leben Erfüllung erleben zu können? Mit der Vernunft allein gelingt es kaum. Da stehen uns allenfalls die paar Brote und Fische zu Gebot. Immerhin. Aber es braucht jene Kraft Jesu in uns, der das, was dort nach Leben hungert, nähren kann. Und über ihn können wir nicht verfügen. Nur öffnen können wir uns für ihn.
Und was nach innen wirken kann, kann auch nach aussen erfolgen. Auch ein vielleicht unbeholfenes Wort oder eine Geste liebevoller Anteilnahme im rechten Moment kann Not wenden, kann neue Lebenskraft wecken. Und es wirkt zurück, vielfach, wenn wir es denn wahrnehmen und zulassen.

Niklaus Reinhart