Ein kirchliches und kulturelles Zentrum

Die Oltner Stadtkirche präsentiert sich in neuem Glanz – ein Bijou!. Foto: Kurt Schibler.

Hunderte Gäste wohnten der Wiedereinweihung der renovierten Stadtkirche St. Martin am 8. September bei. Der Festgottesdienst wurde von Bischof Dr. Harald Rein und Pfarrer Kai Fehringer gestaltet. Als Festredner wirkten Kirchgemeindepräsident Kurt Stutz, Baukommissionspräsident Peter Schibli, Regierungsrat Remo Ankli, Synodalratspräsidentin Manuela Petraglio sowie Stadtpräsident Dr. Martin Wey.

Das Wetter hätte nicht besser sein können an jenem Samstag, 8. September. Petrus trug seinen Teil zur feierlichen Wiedereröffnung der Stadtkirche St. Martin bei; für den musikalischen Auftakt war die Jugendmusik Olten besorgt. Das anschliessende Läuten der Glocken, sowohl der Stadt- als auch der übrigen Kirchen in der Dreitannenstadt, stand für die symbolhafte Wiederaufnahme des Gotteshauses in den Kreis der christlichen Kultstätten. Hunderte Gäste waren erschienen, um diesem mit viel Symbolik dargebrachten Akt beizuwohnen.

Symbol für die Geburt der dritten Landeskirche

In einem ersten Teil standen der Wiedereinzug und die feierliche Altarweihe auf dem Programm, die von Bischof Dr. Harald Rein, Pfarrer Kai Fehringer sowie Konzelebrant/innen vollzogen wurden. «Die Kirche ist für die Stadt, die Region sowie das Bistum von grosser Bedeutung. Sie ist mit weitsichtigen und innovativen Ideen renoviert worden», bemerkte der Bischof einleitend. Kultur- und kunsthistorisch sei das Bauwerk deshalb wichtig, weil es wie kaum ein zweites als Symbol für die Geburt der dritten Landeskirche stehe, die im Rahmen der Wirren des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1870/1871 entstanden sei.

«Dieser Tempel Gottes ist ein Sinnbild alter Herrlichkeit und Grösse. Wir sind aber nicht rückwärtsgewandt, sondern schauen vorwärts.» Ein lebendiger Glaube lasse sich nämlich nicht durch ein Gebäude erleben, «sondern durch die Menschen, die ihn leben und pflegen». Die Kirche als Kraftort diene dazu, dass das «Wasser geistigen Lebens aus ihm herausfliessen möge und unser Glaube weitergegeben werden kann». Im Wasser schwimmen müssten die Gläubigen aber selber, und er forderte die Anwesenden auf, sich nach ihren individuellen Möglichkeiten so einzubringen, dass der Strom des Glaubens und des Lebens fliessen könne.

Wie Phoenix aus der Asche

Im zweiten Teil, dem eigentlichen Festakt, würdigten diverse Persönlichkeiten das neu renovierte Gebäude. Den Anfang machte Kirchgemeindepräsident Kurt Stutz, der sagte, dass die Stadtkirche nach der Renovation «wie Phoenix aus der Asche» wieder auferstanden sei. «Vor zwei Jahren erhielt die Baukommission den Schlüssel aus den Händen des Bischofs, und heute kann ich ihn ihm wieder zurückgeben», bekannte Stutz voller Freude. Er hob den Mut hervor, den der damalige Kirchgemeinderat sowie die Kirchgemeinde bewiesen hätten, indem sie zu diesem 6,5 Millionen-Projekt Ja sagten.

Dabei würdigte er unter anderem die sorgfältige Arbeit der Baukommission, des Architektenteams, der Handwerker, der Denkmalpflege, aber auch die Grosszügigkeit von Stadt, Kanton, Sponsoren und Gönnern. Die neu erstrahlende Stadtkirche solle aber nicht nur als Zentrum der Kirchgemeinde Region Olten dienen, sondern auch einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in der Dreitannenstadt leisten. Und: «Die Baukosten konnten eingehalten werden, es fand keine Überschreitung statt», strich er hervor.

Begegnungszone – auch in der Kirche

Die Arbeiten selbst wurden in der Folge von Baukommissionspräsident Peter Schibli vorgestellt. Die Anfänge seien bereits im Herbst 2007 mit der Ausschreibung des Projekts gelegt worden; 2011 war die Evaluation abgeschlossen. Nach einer Stagnation wurde das Vorhaben 2014 wieder aufgenommen. Die inzwischen verkehrsberuhigte Kirchgasse und die damit geschaffene neue Begegnungszone habe sich dann mit auf das Projekt ausgewirkt, was dazu geführt habe, dass man neu Pfarrbüro und Sekretariat in der Kirche integrierte, um längere Öffnungszeiten des Gebäudes zu gewährleisten.

2016 starteten dann die Arbeiten; zuerst aussen, dann innen. Trotz unvorhersehbaren Ereignissen, welche bauliche Nachbesserungen zur Folge gehabt hätten, habe das Budget stets eingehalten werden können. «Eine konsequente Kostenüberwachung und eine künstlerische Ausgestaltung von hoher Qualität sowie die Schaffung eines Platzes für Begegnungen und kulturelle Nutzung im Sinne eines besinnlichen Begegnens standen dabei für mich stets im Vordergrund», unterstrich Schibli.

Renovation als «Leuchtturmprojekt»

Regierungsrat Remo Ankli überbrachte danach die Grüsse der Regierung und bezeichnete die Renovation der Stadtkirche als «Leuchtturmprojekt». Ein Leuchtturm strahle aus und werde gesehen und wahrgenommen; dies treffe auf das Gebäude zweifellos zu. Die Stadtkirche, seit 1939 unter Denkmalschutz, gehöre «zu den wichtigsten Sakralbauten des Kantons», präge das Stadtbild, sei aber auch ein Raum der Stille. Zudem stehe sie für wichtige Momente im Leben des Menschen und biete Hilfe und Orientierung, unterstrich der ausgebildete Theologe. 

«Ich gratuliere zu dieser gelungenen Renovation», sagte Remo Ankli und wünschte der Kirchgemeinde alles Gute für die Zukunft.

Synodalratspräsidentin Manuela Petraglio überbrachte die Grüsse des Synodalrats und bekannte, dass mit der Renovation der Spagat zwischen Tradition und Moderne gelungen sei. «Tatkraft, Mut und Wille aller Beteiligten waren notwendig, um diese Arbeiten so schnell zu vollenden», betonte sie. Stadt und Gemeinde hätten mit der Einweihung «eine wunderschöne Kirche zurückgewonnen». Das Gebäude und die Leute darin arbeiteten im Dienste der Menschen. «Dieser Ort soll ein Hort des Friedens, der Einkehr, der Besinnung, Achtung, Hoffnung und Liebe sein», wünschte sie sich. Und den Umstand, dass die Glocken der Stadtkirche nun wieder zu hören seien, umschrieb sie mit Erich Kästners Gedicht: «Wenn im Turm die Glocken läuten, / Kann das vielerlei bedeuten. / Erstens, dass ein Festtag ist. / Dann, dass du geboren bist. / Drittens dass dich jemand liebt. / Viertens dass dich’s nicht mehr gibt.»

Der Heilige Martin müsste Stadtpatron sein

Oltens Stadtpräsident Dr. Martin Wey schliesslich hob die «überaus gelungene» Renovation der Stadtkirche sowie deren Bedeutung als «wichtiges Baudenkmal» für die Dreitannenstadt hervor. Die Oltner hätten ihre Kirche während dieser zwei Jahre des Umbaus vermisst, und sie alle freuten sich «auf eine offene Kirche und kulturelle Veranstaltungen für Menschen jeglicher Herkunft». Das Bauwerk sei nicht nur ein Kraftort, sondern «aus der Stadt nicht wegzudenken» und wirke «stark identitätsstiftend». Er freue sich sehr darüber, dass der Kirchgemeinderat einer Öffnung des Gebäudes für kulturelle Zwecke so positiv gegenüberstehe. «Offenheit, Toleranz, Mut und Solidarität sind Attribute, die dem Heiligen Martin zugeschrieben werden», schlug er den Bogen zum Namen der Kirche zurück. Und: «Olten hat zwar keinen offiziellen Stadtpatron, aber wenn, dann müsste er Martin heissen», meinte Wey augenzwinkernd. Ein Apéro riche – verdankenswerterweise serviert von «Kreuz»- und «Rathskeller»-Wirt Roger Lang und Team – sowie zwei Führungen durch die fertig erneuerte Kirche beschlossen diesen denkwürdigen Tag.

Bereits der darauffolgende Tag, ein Sonntag, stand im Lichte der neu gewonnenen Identität der Stadtkirche. Nach dem Gottesdienst mit Bischof Dr. Harald Rein und Pfarrer Kai Fehringer, mit anschliessendem Apéro, konnten Interessierte zwei erneuten Führungen beiwohnen und danach dem Übergang in den weltlich-kulturellen Bereich beiwohnen: «Chorenschmaus» luden zum Konzert, und die Formation «New Oldten» brachte alte, neue und «neue alte» Lieder dar.

Beat Wyttenbach