«Mehr Gegenwartsbezug als früher»

Theologie studieren heute – Teil 1

Bei Diskussionen über die Zukunft der Christkatholischen Kirche wird bisweilen «eine bessere Ausbildung der Geistlichen» genannt – so auch bei der Synode 2018 in Basel. Leider wird auf solchen Wunschzetteln oft nicht genauer angegeben, wo jemand Verbesserungsbedarf sieht. In diesem ersten Beitrag soll das Studium der Theologie kurz vorgestellt werden, wie es heute aussieht.

Bis auf den heutigen Tag ist das Theologiestudium ein sehr breit angelegtes Studienfach. Studierende können sich im zweiten Teil ihres Studiums in ganz unterschiedlichen Fächern vertiefen und so auf ihre spätere Karriere vorbereiten: als Wissenschaftler, als Fachreferentin in verschiedenen kirchlichen und gesellschaftspolitischen Bereichen oder als Pfarrer oder Pfarrerin. 

Wer Theologie studiert, erhält Einblick in Geschichte, Tradition und Aktualität des Christentums. In den letzten Jahrzehnten hat sich einiges am Studium verändert: War es früher zum Beispiel üblich, dass Absolventen erst nach dem Studium im Lernvikariat mit der Gemeindepraxis in Berührung kamen, so hat jemand, der heute Pfarrer oder Pfarrerin werden will, bereits während des Studiums ein Praktisches Semester in einer christkatholischen Gemeinde zu absolvieren, um so die spätere Berufswirklichkeit kennenzulernen. Auch sind in den letzten Jahren neue Fächer hinzugekommen, insbesondere im praktisch-theologischen Bereich. So lernen Studierende heute zum Beispiel im Bereich der Religionssoziologie die religiöse Landschaft in der Schweiz kennen oder erwerben grundlegende Kenntnisse in Seelsorge und Pastoralpsychologie. Der Gegenwartsbezug steht heute im Theologiestudium deutlich stärker im Vordergrund als früher.

Einschreiben ohne Matur möglich – ab Alter 30+

Leben bedeutet lebenslanges Lernen – das wird in der heutigen Wissensgesellschaft stark betont. Wer sich für ein Studium an der Universität einschreiben will, muss eine Matura oder einen vergleichbaren Vorbildungsausweis vorweisen. Die Universitäten Fribourg und Bern kennen jedoch auch das so genannte «30+»-Verfahren für Personen ohne Matura ab dem 30. Altersjahr. Sie können sich nach der erfolgreichen Absolvierung einer allgemeinen Prüfung an der Universität für ein Studium einschreiben. 

Studium im Bachelor

Das Theologiestudium umfasst fünf grössere Fachbereiche: die biblischen Fächer Altes und Neues Testament, Historische Theologie, Systematische Theologie und Praktische Theologie. Weitere Fächer wie etwa Kulturgeschichte der Biblischen Welt(en), Judaistik, Philosophie, empirische Religionsforschung oder Diakoniewissenschaften ergänzen den klassischen theologischen Fächerkanon. Jede/r Studierende beginnt mit einführenden Überblicksveranstaltungen in verschiedenen Fächer der Theologie (z. B. Geschichte des Altkatholizismus, christkatholische Theologie, Liturgiewissenschaften u. a. m.), aber auch mit dem Erlernen der alten Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein. Die Sprachen, soweit sie nicht bereits in der Schule gelernt wurden, sind Voraussetzung dafür, dass Theologiestudierende die Bibel in den Originalsprachen lesen, verstehen und auslegen können. In Bern geschieht die Vermittlung der Sprachen eng verzahnt mit den Inhalten und Quellen der Theologie – wie diese in den anderen theologischen Fächern zur Sprache kommen. Da heutige Studierende oft nicht mehr selbstverständlich mit der Bibel vertraut sind, werden zudem Kurse in Bibelkunde angeboten. Das Grundwissen vermittelnde Bachelorstudium dauert drei Jahre, anschliessend folgt ein zweijähriges, vertiefendes Masterstudium. 

Studium im Master

Wer Pfarrer oder Pfarrerin werden will, braucht einen Masterabschluss. In dieser Phase des Studiums bauen die Studierenden auf dem im Bachelor Erlernten auf. Sie haben zudem eine grössere Wahlfreiheit, um bestimmte Schwerpunkte eigener Wahl zu setzen, indem sie sich z. B. stärker mit Ökumenischer Theologie oder mit Praktischer Theologie, oder auch Kirchenmanagement, Religionspsychologie und vielen weiteren theologischen Teilgebieten befassen können. Am Ende verfassen sie eine Masterarbeit in einem Fach und zu einem Thema ihrer Wahl. Das Praktische Semester (= Gemeindepraktika begleitet von interdisziplinären, auf die Praxis fokussierenden Seminaren) findet seit 2017 nicht mehr während der Bachelorphase sondern im Masterstudium statt, so dass es stärker als bisher der Orientierung auf die spätere Berufsausübung dient und diese vorbereitet.

Infobroschüre

Die Theologische Fakultät Bern hat eine Broschüre über das Theologiestudium zusammengestellt, das auf Anfrage bezogen werden kann. Sie ist auch im Internet zu finden unter:

https://tinyurl.com/Broschuere-Theologie

Prof. Dr. Angela Berlis, Dekanin Theologische Fakultät