Vater unser – eine Spurensuche im Dialog

Unterbrich mich nicht, Gott, wenn ich bete!

Uns ist klar, dass wir mit einem Gebet die Welt nicht unmittelbar verändern, doch dass es helfen kann, die Welt anders sehen zu lernen: Es ist ein erster Schritt zur Entfaltung und Veränderung – nicht allein, sondern zusammen mit anderen: Nicht Vater Mein, sondern Vater Unser! Bild: Shutterstock

«Was soll ich denn beten? Die Gebete sind doch uralter Plunder!» höre ich oft beim Kirchenkaffee. Einmal fragten wir uns, ob es denn eine Rolle spiele, was man betet. Eine Verfilmung nach Erich Kästners «Das doppelte Lottchen», gab mir eine Idee.

Zwei Mädchen treffen sich während eines Sommercamps und entdecken, dass sie Zwillinge sind. Sie nehmen anschliessend den Platz der jeweils anderen ein, um den ihnen unbekannten Elternteil kennenzulernen. Lotte und Luise kommen zusammen, hören wie die Eltern streiten. Da sagt die eine zur anderen: «Lass und beten! Weisst Du ein Gebet?» Diese sagt: «Komm Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was Du uns bescheret hast!»

Gebete sind Transportmittel

Sind wir in Not, stehen wir vor einer Entscheidung oder könnten wir vor Freude tanzen: Gebete sind wie für die Zwillinge oder für uns, wenn wir ein Vater Unser beten, eine Lokomotive mit Anhängern. All das, was wir in unserem Herzen haben, lässt sich auf die Wagen laden und zur Sprache bringen. Schauen wir uns einmal das Vater Unser konkret an. Es ist das einzige Gebet, das Jesus von Nazareth seinen Gefährten mit auf den Weg gegeben hat. Er bringt darin in dichtester Form zum Ausdruck, wer er ist und um was es ihm geht, doch durch unsere heutige Brille ist nicht alles verständlich: 2000 Jahre liegen dazwischen. Wir machten uns auf Spurensuche. Uns wurde klar, dass wir mit einem Gebet die Welt nicht unmittelbar verändern, doch dass es helfen kann, die Welt anders sehen zu lernen: Es ist ein erster Schritt zur Entfaltung und Veränderung – nicht allein, sondern zusammen mit anderen: Nicht Vater Mein, sondern Vater Unser!

Zusammen mit dem Musiker Adalbert Bircher, Hohenrain, und der Seelsorgerin Margrit Ineichen, Sempach, suchte ich das Vater Unser wörtlich zu nehmen. Pfarrer Lenz Kirchhofer machte von unseren Gesprächen Tonaufnahmen: Ein Gespräch zwischen Gott und Mensch – Link zur Audiodatei.

Niklas Raggenbass