Christkatholische Theologie als Beruf entdecken

Grundlegend bleibt die Liebe zu den Menschen

Früher stellten Pfarrer, Arzt und Lehrer die lokale Elite dar. Das hat sich schon lange verändert. Die Expertise von Ärztinnen und Juristen ist heute oft mehr gefragt als die von Pfarrerinnen oder Pfarrer. Auch durch den Vorwurf des Machtmissbrauchs sind Kirchen und ihre Amtsträger in die Kritik geraten. Doch zugleich gilt auch: Religion und Sinnfragen sind nicht aus dem Leben von Menschen verschwunden.

Wer entscheidet sich heutzutage nach der Matura für ein Theologiestudium? Andere, insbesondere naturwissenschaftliche Studienrichtungen ziehen jährlich weitaus mehr Studierende an, nicht nur in Bern. Eine Kollegin aus der Psychologie sagte vor einigen Jahren zu mir: «Mindestens 40 Personen, die pro Jahr bei uns ihr Studium beginnen, würden besser an Eurer Fakultät anfangen. Denn sie interessieren sich vor allem für die Seelen ihrer Mitmenschen.»

Viele wissen gar nicht (mehr) so genau, was «man» mit Theologie alles anfangen kann. «Liest Du jetzt die ganze Zeit in der Bibel?», fragte mich jemand, nachdem ich 1981 mit dem Studium begonnen hatte. Ich schüttelte den Kopf. Doch muss ich zugeben, dass ich vor dem Studienbeginn auch keine angemessene Vorstellung von den Studieninhalten hatte (siehe dazu den Beitrag von Prof. Georgiana ­Huian im «Christkatholisch» 2024-4). Ich war damals begeistert in der Jugendarbeit engagiert und wollte die Arbeit mit Menschen zu meinem Beruf machen!

Wer sich für Menschen interessiert und sich mit grundlegenden Fragen des Lebens beschäftigen will, passt gut in die Theologie. Aber auch wer historische Zusammenhänge erkunden, neue Bedeutungen in Texten finden oder Sinnfragen auf den tiefsten Grund gehen will, passt ebenfalls gut dorthin. Und ebenso eine Person, die die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Kirchen oder mit anderen Religionen genauer untersuchen oder aktuelle Religionstrends verstehen will. Das Theologiestudium ist ein breit gefächertes Studium, das anschlussfähig an viele andere Disziplinen ist. Frei nach Paulus lässt sich sagen, dass Theologinnen und Theologen den Textwissenschaftlern ein Textwissenschaftler, den Historikerinnen ein Historiker, den Philosophen eine Philosophin sein können. Und natürlich können sie sich im Bereich der Pastoral in vielfältiger Weise engagieren: als Seelsorgende in der Gemeinde oder in Spezialpfarrämtern. In der christkatholischen Kirche lässt sich viel mit einem Theologiestudium anfangen: klassisch im Pfarramt oder in anderen seelsorglichen Aufgabenfeldern oder im gesellschaftlich-kulturellen Bereich, oder…

Wer klassisch im Pfarramt arbeitet, kann heute nicht mehr nur klassisch arbeiten. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Beruf stark verändert – und ist sich in vielem auch gleichgeblieben. Denn so wichtig es ist, dass neue Methoden zu Aufbau und Erneuerung der Gemeinde angewandt oder dass Theologiestudierende in Spiritual Care und seelsorgerlicher Gesprächsführung ausgebildet werden: Grundlegend bleibt für diesen Beruf die Liebe zu den Menschen. Die Liebe Gottes zum Menschen als Bild Gottes und Gottes Sorge für die gesamte Schöpfung zu verkünden in Gottesdienst und Seelsorge – dies zur Profession zu machen und als Berufung zu leben, mag eine hohe Beanspruchung sein. Es ist auch weiterhin ein Anliegen mit zentraler gesellschaftlicher Bedeutung.

Prof. Dr. Angela Berlis
Institut für Christkatholische Theologie

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