Künstliche Intelligenz: Göttlich oder Diabolisch?

Chatbots sind ein fast menschliches Gegenüber

«Ich suche ein Thema für die Predigt»

Wenn ich im Religionsunterricht von Gott spreche, fragen mich die Schülerinnen und Schüler oft, ob er wirklich alles wisse. In den Diskussionen streiten wir über Sinn und Unsinn unserer weltumspannenden Kommunikationsnetze. Andrin sagt: «Was ich im Internet nicht finde, gibt es nicht.» Die Künstliche Intelligenz (KI), die dabei eine Rolle spielt, hat also etwas Göttliches und Diabolisches zugleich. KI ist die Fähigkeit eines Computers oder Programmes, sich menschlichem Denken anzupassen und menschliche Aufgaben zu erledigen. Unendliche Datenmengen stehen der KI zur Verfügung.

Künstliche Intelligenz: Wo bleibt der Mensch?

Viele wissen gar nicht, dass uns KI in vielen Lebensbereichen begegnet: Individuelle Songempfehlung beim Musikstreaming, Objekterkennung bei der Kamera, Handys mit Sprachentschlüsselung, das Navi im Auto sagt uns, wo Stau ist und schlägt uns gleich eine Umfahrung vor und die Übersetzungs-App lässt uns mit dem ukrainischen Schüler plaudern, obwohl wir kein Wort ukrainisch verstehen, geschweige denn sprechen können. Die einfache künstliche Intelligenz ist längst Teil unsere Welt. Wie im Religionsunterricht, wenn zwischen Lehrer mit den Lernenden ein Dialog entsteht, wo beide etwas eingeben und miteinander gestalten, so kann es auch bei den Programmen mit KI sein. Wir müssen neu lernen, unsere Intelligenz zu schärfen, nicht alles zu glauben, die Fakten zu prüfen, unseren menschlichen Anteil neu in die Waagschale zu werfen. Die KI kann zu einer Chance werden!

ChatGPT macht KI sichtbar

ChatGPT ist ein Programm, das vor einem halben Jahr gestartet worden ist. Es fordert uns Menschen und zeigt uns, zu was KI fähig ist. ChatGPT, Generative Pre-trained Transformer, funktioniert als ein Chatbot, ein System, das den Dialog zwischen Mensch und Technik ermöglicht. Die Konversation Mensch-Technik erfolgt zwischen gesprochener Sprache und Textsprache. Blitzschnell lässt sich das Programm installieren: «Hier können sie ChatGPT ohne Anmeldung direkt und kostenlos nutzen und menschenähnlich Konversationen mit einer KI führen.» Es ist möglich eine Frage zu formulieren – auch auf Mundart – und blitzschnell ist eine Antwort zu erhalten, von der man meinen könnte, sie stamme von einem Menschen.

Probe aufs Exempel

Kann ich die KI auch für einen Gottesdienst brauchen? Ich mache eine Probe für die Predigt und schalte ein. Der Dialog beginnt:
«Hallo Mensch, ich bin ein GPT-betriebener Al-Chatbot. Frag mich alles!»
«Ich suche ein Thema für meine Predigt.»
«Hallo! Ich helfe Dir gerne bei der Suche nach einem Thema für die Predigt. Welche Art von Predigt planst du denn? Möchtest Du ein bestimmtes Thema behandeln oder hast Du bereits eine Idee im Kopf? Ich kann Dir auch Vorschläge machen, wenn Du möchtest.»
«Etwas Lustiges zum Thema Ferienzeit.»
«Natürlich, ich verstehe. Ein lustiges Thema für eine Predigt könnte zum Beispiel «Urlaub mal anders» sein. Hier könntest Du über ungewöhnliche Urlaubserlebnisse sprechen, die du oder andere Menschen gemacht haben. Du könntest auch über die Bedeutung von Entspannung und Erholung sprechen und wie man diese Dinge auf eine humorvolle Art und Weise erreichen kann. Wenn du weitere Ideen benötigst, stehe ich gerne zur Verfügung.»

Wer schaut der künstlichen Intelligenz auf die Finger?

Der Dialog zur Predigt ging weiter und am Ende stand mir die fertige Predigt zur Verfügung. Das Programm ChatGPT hat auf beinahe alles eine Antwort und entschuldigt sich, wenn ein Fehler aufgetaucht ist. Es wird Auseinandersetzungen über die Fragen geben müssen: Wird die Technologie der KI eine Chance für die Menschheit oder gefährdet sie unsere Existenz? Und sollen oder können wir Menschen unsere Dialogpartner, die aus der künstlichen Intelligenz entstanden sind, eindämmen oder verbieten? Sicher ist, dass wir Gott nicht an den Nagel hängen müssen, dass er in dem Dialog zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz unser Grund ist und der Mensch in seiner Würde geschützt bleiben muss.

Niklas Raggenbass


Zum Artikel über ChatGPT auf Wikipedia

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