Vertrauen, Glaube, Hoffnung … und KI?

Algorithmen kreieren auch mal eher Unheimliches

Für SchülerInnen war es lange Zeit eine klare Sache. Was auf Wikipedia steht, das glaubt man. Denn irgendwer, oder irgendwas, muss ja recht haben. Oder etwa nicht?

Die Suche nach Antworten

Heute sind wir einige Schritte weiter. Wikipedia ist leider nicht interaktiv. Auf Fragen reagieren, sie sogar entsprechend interpretieren und beantworten, kann es nicht. Und genau dort setzen die neuen Systeme der «Künstlichen Intelligenz» an. Unter ihnen das auf GPT-4 basierende ChatGPT von OpenAI, welches über Internetzugriff verwendet werden kann. Generationen von SchülerInnen haben versucht, Suchmaschinen mit konkreten und ausführlichen Fragen zu einer ebensolchen Antwort zu motivieren. Vergebens. Klassische Suchmaschinen suchen nach Begriffen und Zeichenfolgen im Webinhalt. Zusammenhänge so erkennen, wie wir es als Menschen gewohnt sind, können sie nicht.

Sprachgesteuerte Systeme wie «Siri» (Apple) oder «Alexa» (Amazon) waren da schon ein kleiner Lichtblick. Zumindest können sie auf Ansprache hin gewisse Aufgaben ausführen. Doch die neuen «generativen» sprachlichen KI-Systeme können noch mehr, viel mehr. Sie arbeiten so, wie sich SchülerInnen das schon lange ersehnt haben und geben, mit etwas Glück, auch sinnvolle Antworten, selbst auf ungeschickt formulierte Anfragen. ChatGPT ist nur eines von vielen, und die Zahl wächst rasant. Google und natürlich auch Microsoft arbeiten intensiv daran, die Vorzüge der KI in unseren Alltag zu integrieren. Deren für Unternehmen entwickelte KI-Anwendungen basieren dabei ebenfalls auf dem GPT-4-System von OpenAI und setzen somit grosses Vertrauen in dessen Zuverlässigkeit.

Stolpersteine in der Anwendung

Dieser Glaube an die Verlässlichkeit und Leistungsfähigkeit von Systemen mit KI-Charakter erscheint wichtig. Wie sonst liesse sich rechtfertigen, dass sie nicht nur im Web, sondern auch in der realen Welt mehr und mehr zum Einsatz kommen? Berufspiloten haben hierauf ihre eigene, nicht ganz unkritische Antwort. Die hochmoderne und global im Einsatz stehende Boeing 737 MAX war mit einem für Piloten mitunter sehr problematischen Assistenzsystem ausgerüstet. Nach mehreren Abstürzen mit hunderten von Opfern wurde es 2019 weltweit für über ein Jahr ausser Betrieb gesetzt. Selbst Fluggäste mit Vielflieger-Status gaben an, sich nie wieder in eine solche Maschine setzen zu wollen. Verständlich, dass heute junge Menschen bei ihren Berufsüberlegungen gegenüber den Plänen eines Cockpits mit nur einem Besatzungsmitglied auch Bedenken äussern. Sie, ganz alleine, unter der Obhut der KI? Ob das gut gehen kann?

Auch die seit Jahren andauernden KI-Entwicklungen im Bereich des autonomen Autofahrens fördern manchmal gar Wundersames zu Tage. 2022 versammelten sich in San Francisco eine Anzahl autonom fahrender Taxis bei einer Kreuzung. Dort pausierten sie und blockierten damit den gesamten Verkehr. Erst nach mehreren Stunden liessen sie sich alle von der Kreuzung wegfahren.

Hoffnungen und Möglichkeiten

In anderen Bereichen stellen KI-assistierte Systeme eine sehr hoffnungsvolle Weiterentwicklung dar. Medizinische Diagnostik kennt bereits Software auf der Basis von «Deep Learning», einer Form des KI-Lernens, um Zusammenhänge zu erkennen, welche uns Menschen verborgen blieben. Auf diese Weise eröffnen sich voraussichtlich gänzlich neue Behandlungsoptionen. In einer kanadischen Umfrage an einem Medical College äusserten sich über 70 % positiv gegenüber ihren Erwartungen an KI-Assistenz in Medizin und Pflege.

Während hier also ein Ersatz des Menschen auch ethische Fragen aufwerfen würde, ist eine KI-Hilfe im Sinne einer Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten überaus willkommen. Forschende der US-Universitäten Berkley und Princeton haben allerdings kürzlich festgestellt, dass die Antwortqualität von ChatGPT bei identischen Anfragen über Monate durchaus stark variieren kann. Für SchülerInnen auf der Suche nach dem ultimativen Alleskönner ist der Glaube an Gott und an sich selbst also weiterhin von grösstem Wert.

Daniel Pfenning


Zum Thema «Künstliche Intelligenz» auf Wikipedia

Das Thema «KI» an der ETH Zürich

Deutsches Forschungszentrum für
Künstliche Intelligenz