Ehrenamtliches Engagement der Frauen in der Kirche heute

Wurstbrötle, Lotto und ganz viel Arbeit

Foto: Kurt Schiebler

Die bewegte Geschichte der Frauen in der Institution Kirche hat über Jahrhunderte hinweg viele engagierte Frauenfiguren her­vorgebracht. Bis heute bringen sich Frauen in ihren Gemeinden vielfältig für andere ein. Warum und wie lange noch?

Sie sind Plattformen für Geselligkeit und Vernetzung, wir kennen sie in der Kirche und darüber hinaus unter vielen Namen: Frauenverein, Frauengruppe, Landfrauen und so weiter. Ihre Mitgliederinnen sind füreinander da, aber mit ihrer tatkräftigen Hilfe auch für eine grössere Gemeinschaft. Gerade im ländlichen Raum kann dies sehr kostbar sein – für Ältere aber auch für junge Familien und Mütter oder für Hinzugezogene. Gaby Hasler aus Obermumpf erzählt über heutige und zukünftige Chancen dieser Arbeit.

Corina Strenzl: Frau Hasler, Sie engagieren sich schon lange für die Christkatholische Kirche und haben bereits verschiedene Ämter ausgeführt. Aktuell bringen Sie sich unter anderem im Frauenverein Ihrer Gemeinde Obermumpf ein. Welche Angebote finde ich in Ihrer Frauengruppe?
Gaby Hasler: Gemütliche abendliche Treffen, die einmal im Monat stattfinden. Meist im christkatholischen Pfarrhof in Obermumpf. Vor Ostern färben wir zusammen Eier für die Osternacht. Im Sommer treffen wir uns zum «Wurstbrötle». In den Herbstmonaten spielen wir zusammen Lotto, treffen uns zum Raclette Essen oder gehen an den Weihnachtsmarkt nach Basel. Um nur ein paar Aktivitäten zu erwähnen. Die Frauenvereinsmitglieder werden auch immer wieder von der Kirchgemeinde zur Mithilfe angefragt. Der Frauen­verein ist auch für die Organisation vom Samichlaus-Besuch und der Weihnachtsfeier zuständig.

Wie viele Frauen machen mit bei den Treffen und sind Sie zufrieden mit der Resonanz?
Unser Jahresprogramm ist sehr vielseitig. Die Anlässe werden unterschiedlich besucht. Es gibt Höck da sind wir zu viert, an einem Raclette-Abend sind wir schon mal 20 Frauen.

Frau Hasler, warum finden Sie es wichtig, speziell für Frauen Angebote zu machen?
Für mich ist es nicht so wichtig, dass das Angebot speziell für Frauen ist. Es sollte für unsere Kirchgemeinde eine gute Ergänzung sein und ein gutes, ansprechendes Angebot bieten. Ganz früher hiess es sogar «Frauen- und Töchterverein» – während die Männer ihrem Beruf nachgingen oder auch in Kriegen kämpften, kam es den Frauen zu, für das Wohlergehen der Gemeinschaft zu sorgen. Und die Töchter übernahmen dies in einem nahtlosen Wechsel. Der Name veränderte sich über die Zeit zu «Frauenverein», da Töchter ja auch Frauen sind. Aber der Zeitgeist veränderte sich auch. Wir haben heute zwar keine männlichen Mitglieder, aber die Ehemänner unserer Mitgliederinnen helfen bei Bedarf immer tatkräftig mit.

In vielen alt-katholischen Kirchen, so auch in der Christkatholischen Kirche, geniessen wir heute demokratische Strukturen und ein gleichberechtigtes Ansehen von Mann und Frau, ebenfalls gleichberechtigten Zugang zu allen Ämtern. Dies war in der Kirchengeschichte nicht immer so. Haben wir das Beste erreicht in dieser Hinsicht, oder sehen Sie noch Potential bezüglich der Stellung der Frauen in der Kirche?
Es wurde bereits viel erreicht. Dennoch glaube ich, dass nicht der Frauenanteil an erster Stelle stehen sollte. Wichtig ist, dass wir Personen für die Freiwilligenarbeit gewinnen, die gewillt sind ihre Ideen und viel von ihrer Freizeit der Gemeinschaft der Kirche zur Verfügung zu stellen.

Der Verband Christkatholischer Frauen der Schweiz (VCF) möchte zum Beispiel zur Vernetzung von Frauenvereinen und Frauengruppen beitragen, Frauenanliegen in der Kirche vertreten oder auch die Spiritualität und die Auseinandersetzung mit Glaubensfragen fördern. Der Bund Alt-Katholischer Frauen (baf) in Deutschland verfolgt ähnliche Ziele. Es gibt also scheinbar noch das Bedürfnis oder auch den Bedarf, Frauen speziell in den Fokus zu nehmen?
Ich finde es toll, dass sich Frauen engagieren, dass es solche Verbände gibt. Für mich steht zwar nicht im Fokus, dass es eine Frauenquote gibt oder Frauen besonders hervorgehoben werden. Aber mir ist durchaus bewusst, dass wir vieles dem Engagement von starken Frauen zu verdanken haben, zum Beispiel das Frauenwahlrecht, was es in der Schweiz ja noch nicht so lange gibt.

Gibt es eine Frau in der Bibel oder in der Kirchengeschichte, die Sie besonders beeindruckt, Sie vielleicht sogar in Ihrem Engagement beeinflusst?
Nein, auf jeden Fall nicht bewusst.

Wir feiern jährlich in unseren Gemeinden den Weltgebetstag. Gab es ein Land, dass Sie hinsichtlich der dort aufgezeigten Situation der Frauen besonders beeindruckt hat?
Unsere WGT-Vorbereitungsgruppe aus Obermumpf, in der alle drei Konfessionen vertreten sind, findet immer eine gute Umsetzung des Leitfadens. Vom Team werden immer sehr schöne Feiern vorbereitet und die einzelnen Länder eindrücklich vorgestellt. An diesen Feiern wird mir persönlich bewusst, wie privilegiert wir hier in der Schweiz leben können. Sei es in medizinischer Hinsicht, oder dass die Bildungsmöglichkeiten für alle offen stehen, auch für die Mädchen und Frauen; dass Frauen als gleichwertig erachtet werden und wir unsere Meinung äussern können, ohne dass uns nach dem Leben getrachtet wird.

Wäre darüber hinaus eine stärkere internationale Vernetzung in der Frauenarbeit sinnvoll, z. B. in der Utrechter Union? Haben Sie Ideen oder Wünsche, wie die Kirchenleitungen hier unterstützen können?
Meine Wünsche beschränken sich auf unsere ­Region. Wir müssen einen Weg finden, wie wir junge und engagierte Frauen für ehrenamtliche und gesellschaftliche Arbeiten begeistern können.

Wie würden Sie Ihre Tochter oder Ihre Enkelin überzeugen, in der Kirche aktiv mitzumachen? Was kann Kirche den jungen Frauen heute noch anbieten?
Ich versuche ihnen meine Begeisterung für die ehrenamtliche Tätigkeit in unserer Gemeinde weiterzugeben. Aber das ist generell eine schwierige Frage. Unser Verein ist im Moment selbst auf der Suche nach Mitgliederinnen. Wir haben noch nicht herausgefunden, was die heutigen Frauen anspricht. Jedoch können es die Frauen selbst auch nicht sagen, was sie ansprechen würde. Das Argument, ehrenamtlich für die Gemeinschaft tätig zu sein, ist ihnen zu wenig attraktiv.

Wie lange kann es also noch solche Angebote geben? Landauf, landab verändert sich der Zeitgeist in dieser Hinsicht sehr, auch in den Vereinen ausserhalb der kirchlichen Landschaft. Junge Menschen sind eine ganze Zeitspanne lang stark damit beschäftigt, eine Perspektive für sich zu entwickeln und im beruflichen Leben Fuss zu fassen. Da bleibt mitunter wenig Zeit für ehrenamtliches Engagement. Ob die Bedürfnisse der Seele, spirituelle Anliegen oder das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Gemeinwohl junge Menschen dazu bringen, sich (wieder) in der Kirche zu engagieren, hängt auch davon ab, ob und wie sie schon in ihrer Kindheit Kirche erlebt haben und wie flexibel oder kreativ Kirche auf junge Menschen eingeht.

Interview: Corina Strenzl