„Wir stehen vor grundlegenden Änderungen“

Ein Übersichts-Beitrag zur Nationalsynode

Die 155. Session der Nationalsynode der Christkatholischen Kirche der Schweiz fand am 10. und 11. Juni 2022 in Olten statt. Über wesentliche Schritte in die Zukunft wurde gesprochen. Und es wurden wichtige Entscheidungen gefällt.

Eines vorneweg: In diesem Bericht geht es nicht um das Synodentraktandum „Ehe für alle“. Über dieses wird in dieser Ausgabe des „Christkatholisch“ von berufenem Munde berichtet.

Schon in seinen Erläuterungen zum bischöflichen Bericht verwendete Bischof Dr. Harald Rein das als Titel unseres Berichtes gesetzte Zitat. Der Bischof wies darauf hin, dass, um die Christkatholische Kirche „zukunftsfähig“ zu machen, auch bisher ungewohnte Gedankenwege beschritten werden müssen, weil sich das gesellschaftliche Umfeld unserer Kirchen, ja aller Kirchen in der Schweiz in den letzten Jahren stark verändert hat und sich weiterhin rasant verändert. Dabei darf es auch kein Tabu sein, zu überlegen, ob der Status der Christkatholischen Kirche als öffentlich-rechtlich anerkannte Landeskirche noch zeitgemäss ist.

Zunächst aber wurden viele Traktanden der umfangreichen Traktandenliste effizient und ohne grosses Aufheben behandelt, so beispielsweise die Genehmigung des Protokolls der 154. Synode in Thun, die Berichte von Kommissionen und Institutionen der Christkatholischen Kirche, die Rechnung 2021 und das Budget 2023.
Nach sorgfältiger Vorbereitung konnte auch die vorgeschlagene Änderung der Finanzordnung, die eine neue Berechnungsgrundlage des Zentralbeitrags der Kirchgemeinden vorsieht, verabschiedet werden. An den letzten Synode-Sessionen hatte dieses Thema noch für hitzige Diskussionen gesorgt.

Zentral für die Diskussion an der diesjährigen Synode waren die Traktanden 9 (Mittel- und Langfristplanung), 10 (Antrag für eine gemeinsame Lohnverwaltung des kirchlichen Personals auf Bistumsebene) und 11 (Revision der Kirchenverfassung). Schnell stellte sich in der Behandlung dieser Traktanden heraus, dass sie inhaltlich eng miteinander verknüpft sind.

Nebst schwierigen Themen gab es auch Momente der Freude: Bischof Harald und Synodalratspräsidentin Manuela Petraglio. Foto: Kurt Schibler

Synodalratspräsidentin Manuela Petraglio stellte zu Traktandum 9 im Anschluss an den ausführlichen schriftlich vorliegenden Bericht in den Raum, dass von den Aufgaben, die das Bistum heute leistet, ohne essentielle Verluste unseres Wirkens kaum irgendwelche Punkte aufgegeben werden können. Ein Antrag, der eine Variante der Zukunftsplanung auf der Grundlage vorsieht, dass statt 800‘000 Fr nur 500‘000 Fr Zentralbeitrag pro Jahr zur Verfügung stehen, wurde von der Mehrheit der Synodedelegierten abgelehnt.

Immer wieder wurde betont, dass es nicht nur um die Sicherung der Finanzen gehen kann. Hier kam aus dem Grusswort des Chefs der Schweizer Armeeseelsorge, Hauptmann Samuel Schmid, ein Wort zum Tragen, dass nicht nur für die Armeeseelsorge gilt: „pro hominibus instituta“: Die Kirche muss im Dienste der Menschen stehen. Und die spirituelle Seite des Kirche-Seins ist für ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung. Die Frage der personellen Ressourcen (z. B. im Hinblick auf die Zahl der Theologiestudierenden am Institut für Christkatholische Theologie an der Universität Bern) ist ein zentraler Punkt bei der Zukunftsplanung.

Unbestritten ist, dass bei den radikalen Umformungsprozessen, die bevorstehen, möglichst viele „Player“ in der Christkatholischen Kirche einbezogen werden müssen. Die Idee, zum Thema „Zukunftsplanung“ zu gegebener Zeit eine Sondersession der Synode abzuhalten, wurde wohlwollend aufgenommen. Zunächst aber wurden Bischof und Synodalrat damit beauftragt, den vorliegenden Bericht weiterzuschreiben.

Pfr. em. Franz Murbach richtete bewegende Worte an die Synode. Foto: Barbara Blättler

Bis zum heutigen Tag entscheidet jede Gemeinde der Christkatholischen Kirche der Schweiz selbständig, wie hoch der Lohn ihres Pfarrers bzw. ihrer Pfarrerin ist. Die entsprechenden Angaben des Synodalrats sind nur Empfehlungen. Der Comité romand hatte unter Traktandum 10 den entsprechenden Antrag auf Vereinheitlichung der Besoldung vor allem der Pfarrerinnen und Pfarrer und deren gemeinsamer Lohnverwaltung eingebracht. Von der Pastoralkonferenz der Christkatholischen Kirche wurde dieser Antrag unterstützt. Von verschiedenen Seiten wurde mit Verweis auf die Kirchgemeindeautonomie eine solche Regelung infrage gestellt. Auch wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass dadurch eine zu grosse Abhängigkeit der Geistlichen vom Bischof entstehen könnte. Bischof Dr. Harald Rein entgegnete, dass nicht Bischof und Synodalrat die Bestimmungen erliessen, sondern die Synodedelegierten. Grossmehrheitlich wurde die vom Comité romand angestossene grundlegende Änderung beschlossen, was einen Paradigmenwechsel im Bistum der Christkatholischen Kirche einleitet.

Dass gemäss Traktandum 11 eine Verfassungsreform der Christkatholischen Kirche vorgenommen werden muss, ist unbestritten. Diskutiert wurde allerdings über den Zeitpunkt, wann diese Revision zu erfolgen hat. Synodalrat Toni Göpfert konnte überzeugend darlegen, dass die Revision als offener Prozess in engster Verbindung mit den unter Traktandum 9 und 10 genannten Prozessen erfolgt. So hat der Antrag auf eine Verschiebung der Revision bei den Delegierten keine Mehrheit gefunden.

Nur kurz sei noch auf einzelne weitere Traktanden eingegangen.

Der Bericht über die Aufgaben und die Arbeitssituation des Bischofs wurde diskussionslos zur Kenntnis genommen. Insbesondere stand nicht in Frage, dass die Christkatholische Kirche auch in Zukunft einen vollamtlichen Bischof hat.

Die pastorale Handreichung zum Verhältnis der Christkatholischen Kirche zum Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein (BELK) wurde durch die Delegierten genehmigt. Sie dokumentiert die enge Verbindung der beiden Kirchen zueinander und ist offen für weitere Schritte der Annäherung.

Die Fachstelle Bildung macht’s vor: Mit Kreativität und Köpfchen sind manche Wunder durchaus umzusetzen.

Sehr erfreulich war, dass sich mit der vierundzwanzigjährigen Melody Hauri aus Genf eine engagierte zweisprachige Frau für die Leitung der christkatholischen Sommerlager 2022 und auch für die Mitarbeit in der Plattform Jugend vorgestellt hat.

Es bleibt noch, die höchst kompetente Leitung der Synodesession durch Hannes Felchlin zu erwähnen und zu verdanken. Zudem wird den Anwesenden unvergessen bleiben, wie Pfarrer emeritus Franz Murbach, aus Neuseeland angereist, mit bewegenden Worten unserer Kirche Mut für die Zukunft gemacht hat.

Klaus Wloemer